LG Coburg: Zur Frage der Schadensverteilung bei unklarem Autobahnunfall

Kurzfassung:

Bleibt der Hergang eines Verkehrsunfalls auf einer Bundesautobahn ungeklärt, wird der Schaden aufgrund der Betriebsgefahr beider Fahrzeuge geteilt.

Nach einem jetzt veröffentlichen Urteil des Landgerichts Coburg bekam die Klägerin Schadensersatz in Höhe von 3.850,00 Euro nach einem Unfall auf der Autobahn A73 zugesprochen. Einen weitergehenden Schaden in gleicher Höhe muss sie selbst tragen, da das Landgericht den Unfallhergang nicht aufklären konnte.

Sachverhalt:

Die Klägerin behauptete, der Unfall sei auf ein verkehrswidriges Verhalten des Beklagten zurückzuführen. Der Beklagte sei auf die linke Fahrspur gewechselt und habe dabei ihr Fahrzeug übersehen. Deswegen wollte die Klägerin vom beklagten Fahrzeugführer und dessen Versicherung insgesamt 7.700,00 Euro. Der beklagte Unfallgegner behauptete, dass er bereits längere Zeit auf der linken Fahrspur gefahren sei, als er wegen des vor ihm befindlichen Verkehrs habe abbremsen müssen. Das Fahrzeug der Klägerin sei dann auf ihn aufgefahren.

Gerichtsentscheidung:

Das Landgericht Coburg gab der Klage zur Hälfte statt und wies sie im Übrigen ab. In der Beweisaufnahme hatte sich nicht klären lassen, ob es sich um einen typischen Auffahrunfall handelte oder ob dem Unfallgeschehen ein Spurwechsel des vorausfahrenden Pkw vorangegangen war. Weder die Einvernahme der Zeugen noch ein eingeholtes Sachverständigengutachten konnten den Hergang des Unfalls eindeutig klären. Auch konnte sich keine der Parteien auf einen sogenannten Anscheinsbeweis berufen. Ein solcher kommt dann in Betracht, wenn der behauptete Vorgang schon auf den ersten Blick nach einem üblichen Muster abzulaufen pflegt. Dann ist dieser Ablauf im Regelfall als bewiesen anzusehen. Hier waren beide denkbare Varianten – Auffahrunfall oder Unfall nach einem Spurwechsel – typische Vorgänge auf Autobahnen, die häufig zu Unfällen führen. Daher hat das Landgericht den Schaden geteilt, weil die Betriebsgefahr beider Fahrzeuge als gleich hoch eingeschätzt wurde.

Fazit:

Nicht immer wenn’s hinten kracht, gibt es vorne Geld (und umgekehrt).

(Landgericht Coburg, Urteil vom 23.09.2009, Az. 11 O 650/08; rechtskräftig)