Kurzfassung:
Eine gesetzliche Krankenkasse war mit ihrer Klage gegen ein Pflegeheim und dessen Mitarbeiter wegen des Sturzes einer bei der Klägerin versicherten Heimbewohnerin nicht erfolgreich. Die von der Krankenkasse behauptete Pflichtverletzung seitens des Pflegeheimes konnte zur Überzeugung des Gerichts nicht nachgewiesen werden.
Sachverhalt:
Die damals 83-Jährige Bewohnerin eines Pflegeheims erlitt während des Toilettengangs in der Nasszelle ihres Zimmers eine Oberschenkelfraktur. Die Heimbewohnerin benötigte aufgrund ihrer Erkrankungen Hilfe beim Stehen und Gehen. Die gesetzliche Krankenkasse der Heimbewohnerin klagte beim Pflegeheim und dessen Mitarbeitern 7.000,00 Euro Behandlungskosten ein, die infolge des Sturzes entstanden waren. Die Krankenkasse meinte, mindestens zwei Pflegekräfte hätten die alte Dame auf die Toilette begleiten müssen. Zudem hätte das Pflegeheim weitere Maßnahmen zur Vermeidung von Stürzen treffen müssen. Das Pflegeheim hat sich damit verteidigt, dass eine ihrer Mitarbeiterinnen die Bewohnerin beim Sturz noch habe auffangen können. Der Bruch ließ sich jedoch dadurch nicht vermeiden. Von Gleichgewichtsstörungen sei dem Pflegeheim nichts bekannt gewesen.
Gerichtsentscheidung:
Die Klage der gesetzlichen Krankenkasse wies das Landgericht Coburg zurück. Es stellte fest, dass die Pflicht des Pflegeheims zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit der ihm anvertrauten Bewohner auf die üblichen Maßnahmen begrenzt ist, die mit vernünftigen, finanziellen und personellen Aufwand realisierbar sind. Dabei sind insbesondere die Würde, die Interessen und die Bedürfnisse der Bewohner zu berücksichtigen. Deren Selbständigkeit und Selbstverantwortung ist zu wahren und zu fördern. Weitere Maßnahmen, als diejenigen die das Heim getroffen hatte, hielt das Gericht im vorliegenden Fall nicht für erforderlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Seniorin von einer Pflegekraft auf die Toilette begleitet wurde. Selbst die Schwiegertochter der Heimbewohnerin gab an, dass ihr ein besonderes Sturzrisiko nicht bekannt gewesen sei. Die alte Dame habe noch selbständig gehen und stehen können. Die Auffassung der Krankenkasse, dass sich das Heim über eine mögliche Sturzgefahr seiner Bewohnerin durch Beiziehung von medizinischen Gutachten hätte informieren können, teilte das Gericht nicht. Daher wies das Landgericht Coburg die Klage ab. Die gesetzliche Krankenkasse ging in die Berufung, welche zurückgewiesen wurde. Das Oberlandesgericht Bamberg stellte ausdrücklich fest, dass keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass für die Begleitung der Heimbewohnerin zur Toilette zwei Pflegekräfte notwendig wären. Den kurzen Weg zu ihrer Toilette hatte die Bewohnerin in der Vergangenheit stets problemlos bewältigt. Folglich hatte auch die Berufung keinen Erfolg.
Fazit:
Auch wenn Krankenkassen versuchen ihre Kosten auf Dritte umzulegen, müssen sie eine Pflichtverletzung des vermeintlichen Schädigers nachweisen.
(Landgericht Coburg, Urteil vom 25.08.2009; Az. 11 O102/09; Oberlandesgericht Bamberg Beschluss vom 01.02.2010 Az.: 6 U 54/09; rechtskräftig)