Kurzfassung
Manchmal kann einem das Schicksal übel mitspielen. Ein Autofahrer erleidet durch einen unverschuldeten Unfall schwere Verletzungen. Und dann weigert sich auch noch die Rechtsschutzversicherung, die Kosten des Zivilprozesses gegen den Verantwortlichen zu bezahlen. Doch aufgepasst! Das darf sie nur, wenn die Schadensersatzklage von vornherein aussichtslos erscheint.
In einem jetzt vom Landgericht Coburg – bestätigt durch das Oberlandesgericht Bamberg – entschiedenen Fall war dies gerade nicht so. Der Versicherer wurde verurteilt, ein rechtsschutzversichertes Unfallopfer in dessen Schadensersatzprozess gegen den als Schädiger verklagten Unfallgegner von sämtlichen Gerichts- und Anwaltskosten freizustellen. In diesem (noch nicht abgeschlossenen) Verfahren begehrt der Versicherungsnehmer Schadensersatz und Schmerzensgeld von über 350.000 €. Anders als die Assekuranz beurteilten die Richter die Erfolgsaussichten des Zivilverfahrens nicht als chancenlos.
Sachverhalt
Was war geschehen? An einem Nachmittag im April war der Versicherte mit seinem Auto auf einer Landstraße in Hessen unterwegs. In einer in einem Waldstück liegenden Kurve stürzte plötzlich ein Baum von den Hängen auf das Fahrzeug. Hierbei wurde das Dach des Wagens bis zur Unterkante der Türscheiben eingedrückt. Der Autofahrer erlitt schwerste Schädel- und Hirnverletzungen. Dem Eigentümer des Wäldchens warf er vor, gegen Verkehrssicherungspflichten verstoßen zu haben. An der Unfallstelle hätten bereits lange vorher mehrere Bäume schief gestanden und seien umsturzgefährdet gewesen; darunter auch der auf sein Autodach gefallene Baum. Trotzdem habe der Waldbesitzer in vorwerfbarer Weise nicht gehandelt und das schadhafte Gehölz entfernt. Der Verletzte verklagte daher den Forstinhaber auf Schadensersatz. Um wenigstens vom Kostenrisiko des Zivilprozesses befreit zu werden, nahm er seine Rechtsschutzversicherung in Anspruch. Diese lehnte es aber ab, eine Deckungszusage zu erteilen. Die eingereichte Schadensersatzklage habe nämlich keine Aussicht auf Erfolg, argumentierte der Versicherer.
Gerichtsentscheidung
Dem widersprachen Landgericht Coburg und Oberlandesgericht Bamberg. Zwar dürfe Rechtsschutz versagt werden, wenn eine beabsichtigte Klage keine hinreichende Erfolgsaussicht biete. Dies sei aber bei dem vom Versicherten eingeleiteten Zivilverfahren gerade nicht der Fall. Um einen Pflichtverstoß des Waldeigners nachzuweisen, habe er zahlreiche Zeugen und die Einholung von Sachverständigengutachten angeboten. Der Ausgang des Schadensersatzprozesses hänge deshalb von einer umfangreichen und schwierigen Beweisaufnahme ab. Das Ergebnis einer derartigen Beweiserhebung dürfe man grundsätzlich nicht vorwegnehmen. Unter diesen Umständen müsse die verklagte Versicherung daher Deckungsschutz gewähren.
Fazit
Manchmal kann es notwendig sein, auch gegen “Anwalts Liebling” (rechtlich) Schutz zu erhalten.
Urteil des Landgerichts Coburg vom 23.02.2005,Az: 12 O 801/04; Beschlüsse des Oberlandesgerichts Bamberg vom 30.06.2005 und vom 25.07.2005, Az: 1 U 60/05; rechtskräftig