LG Coburg: Ein sonderbares Schadensfoto

Kurzfassung:

Die Ehefrau eines Mieters klagte gegen den Vermieter und die dahinterstehende Haftpflichtversicherung wegen der behaupteten Zerstörung der Scheibe eines seltenen Oldtimers. Das Gericht fand jedoch heraus, dass der geltend gemachte Schaden jedenfalls nicht wie behauptet eingetreten sein kann.
§

Sachverhalt:

Der Ehemann der Klägerin hatte beim Beklagten eine Lagerhalle angemietet. In dieser bewahrte er mehrere Oldtimer-Fahrzeuge zum Teil in nicht mehr fahrbereitem Zustand auf. Der Ehemann der Klägerin wollte die Fahrzeuge restaurieren und damit handeln. Im Sommer 2006 ereignete sich ein kräftiger Gewittersturm. Dabei wurde ein Fenster der Lagerhalle ausgerissen. Da der Mieter sich zu diesem Zeitpunkt im Ausland befand, verschaffte sich der Beklagte mit einem Zweitschlüssel Zutritt zur Lagerhalle und verschloss das Fenster durch einen Außenladen.

Die Klägerin behauptet, Eigentümerin eines in der Lagerhalle stehenden seltenen Oldtimers gewesen zu sein. Der Beklagte habe beim Schließen des Fensters die auf einem Tisch vor dem Fenster liegende Frontscheibe des seltenen Oldtimers beschädigt. Ihr Ehemann habe die Frontscheibe aus der Scheune entfernt, um sie einem Autoglaser zu übergeben. Dabei sei sie dann zerbrochen. Der Schaden belaufe sich mindestens auf 30.000,00 Euro. Eine Neuanfertigung der Scheibe sei nicht mehr möglich. Das Oldtimer-Fahrzeug sei damit für die Klägerin wertlos geworden.

Der Beklagte verteidigte sich damit, dass die Klägerin gar nicht Eigentümerin des seltenen Oldtimers gewesen sei. Mittlerweile seien sämtliche Fahrzeuge in der Lagerhalle durch den Gerichtsvollzieher gepfändet. Er habe auch keine Frontscheibe für einen Pkw zerstört. In der Halle seien eine Vielzahl von Autoersatzteilen ungeordnet herumgelegen. Darüber hinaus könne er nicht haften, da er aus reiner Gefälligkeit gehandelt habe.
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Gerichtsentscheidung:

Das Landgericht Coburg wies die Klage ab. Das Landgericht war davon überzeugt, dass der Ehemann der Klägerin und zwei weitere von ihr benannte Zeugen gegenüber dem Gericht die Unwahrheit gesagt hatten. Die Klägerin hatte nämlich ein Lichtbild vorgelegt, auf dem es sich um die vom Beklagten beschädigte Frontscheibe handeln sollte, die nunmehr nach ihren Angaben nicht mehr vorhanden war. Ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger stellte jedoch fest, dass es sich bei dem Gegenstand auf dem übergebenen Foto nicht um eine Frontscheibe des seltenen Oldtimers handeln konnte. Der auf dem Foto gezeigte Gegenstand konnte, so führte der Sachverständige überzeugend aus, nicht in den Scheibenrahmen der Karosserie des seltenen Pkw passen. Daher glaubte das Gericht dem Ehemann der Klägerin, der angab, das Foto unmittelbar nach Eintritt des Schadens geschossen zu haben, nicht. Die beiden anderen von der Klägerin benannten Zeugen verstrickten sich gegenüber dem Gericht in Widersprüche. Daher wies das Landgericht Coburg die Klage ab, da es nicht davon überzeugt war, dass der Beklagte die Frontscheibe des seltenen Oldtimers überhaupt zerstört hatte.

Fazit:

Wissenschaftliche Tatsachen fördern häufig die Wahrheit zu Tage – trotz falscher Zeugenaussagen.

Pressemitteilung zum Urteil vom 29.10.2009 – Az.13 O 457/09
Oberlandesgericht Bamberg, Hinweis vom 04.01.2011 – Az. 5 U 219/10