Der Beschwerdeführer ist Fachanwalt für Familienrecht. Er bot
Beratungen in einem Internetauktionshaus an. Dabei handelte es sich um
zwei “Beratungen bis 60 Minuten in familien- und erbrechtlichen Fragen”
mit Startpreisen von 1 € beziehungsweise 75 € und um einen
“Exklusivberatungsservice (fünf Zeitstunden)” mit einem Startpreis von
500 €. Die Rechtsanwaltskammer erteilte dem Beschwerdeführer eine Rüge,
da die Versteigerung anwaltlicher Dienstleistungen in der Form von
Internetauktionen berufsrechtswidrig sei. Das Anwaltsgericht bestätigte
die Rüge.
Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde war erfolgreich. Die 2.
Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts stellte fest,
dass die angegriffenen Entscheidungen den Beschwerdeführer in seinem
Grundrecht der Berufsfreiheit verletzen.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Nach der Bundesrechtsanwaltsordnung dürfen Rechtsanwälte über ihre
berufliche Tätigkeit in Form und Inhalt sachlich unterrichten, soweit
die Werbung nicht auf die Erteilung eines Auftrages im Einzelfall
gerichtet ist. Die Versteigerung anwaltlicher Beratungsleistungen in
einem Internetauktionshaus kann nicht als Werbung um ein Mandat im
Einzelfall behandelt werden. Zwar kommt mit dem Meistbietenden ein
Mandatsvertrag zustande, jedoch zielt die Werbung des Rechtsanwalts –
schon mangels Kenntnis vom potentiellen Mandanten und dessen
Beratungsbedarf und weil der Aufruf der Internetseite des
Auktionshauses vom Willen des Rechtsuchenden abhängt – nicht auf die
Erteilung eines Auftrages im Einzelfall.
Ein Verbot der Versteigerung anwaltlicher Beratungsleistungen in einem
Internetauktionshaus kann auch nicht auf die Bewertung als eine
unsachliche Werbung gestützt werden. Die Art und Weise der
Informationsübermittlung ist bei Versteigerungen in einem
Internetauktionshaus dadurch gekennzeichnet, dass nur derjenige, der
die entsprechende Internetseite aufruft, davon Kenntnis nimmt. Die
Werbung über eine solche passive Darstellungsplattform belästigt
regelmäßig nicht und drängt sich keiner breiten Öffentlichkeit
unvorbereitet auf. Auch die Wiedergabe der angebotenen
Beratungsleistungen mit einem niedrigen Startpreis oder dem aktuellen
Höchstgebot ist nicht irreführend.
Für eine Beeinträchtigung schützenswerter Gemeinwohlbelange ist nichts
ersichtlich. Die Versteigerung von Beratungsleistungen über ein
Internetauktionshaus deutet weder auf eine Vernachlässigung von
anwaltlichen Berufspflichten hin noch gefährdet dies die ordnungsgemäße
Berufsausübung. Die gebührenrechtliche Bestimmung, wonach die Vergütung
anhand gesetzlich festgelegter Kriterien vom Rechtsanwalt zu bestimmen
ist, wird bei einer Versteigerung nicht konterkariert. Dem Rechtsanwalt
steht es frei, eine von den gesetzlichen Gebühren abweichende
Honorarvereinbarung zu treffen. Nichts anderes geschieht bei einer
Versteigerung.
Eine Versteigerung von Beratungsleistungen in einem
Internetauktionshaus verstößt auch nicht gegen das Verbot, das dem
Rechtsanwalt untersagt, für die Vermittlung von Aufträgen eine
Provision zu zahlen. Die dem Auktionshaus zu zahlende Provision wird
nicht für die Vermittlung eines Auftrages geschuldet; denn das
Internetauktionshaus stellt lediglich das Medium für die Werbung der
Anbieter zur Verfügung. Seine Leistung durch das Überlassen einer
Angebotsplattform ist vergleichbar mit den Leistungen der herkömmlichen
Werbemedien.
Pressemitteilung Nr. 24/2008 vom 4. März 2008
Beschluss vom 19. Januar 2008 – 1 BvR 1886/06 –