Im Mai 2004 leitete die Staatsanwaltschaft gegen den Beschwerdeführer,
der Geschäftsführer zweier Hafenbetriebe sowie Leiter eines
landeseigenen Betriebes war, ein Ermittlungsverfahren ein. Ihm wurde
vorgeworfen, verschiedene Auftragnehmer der Hafenbetriebe veranlasst zu
haben, Leistungen an ihn und seine Ehefrau zu erbringen und diese
gegenüber den Hafenbetrieben abzurechnen sowie an der Erstellung
überhöhter Abrechnungen und deren Begleichung mitgewirkt zu haben. Am
30. November 2004 erhielt er ein Schreiben, in dem er von seinen
Aufgaben als Geschäftsführer und Betriebsleiter mit sofortiger Wirkung
entbunden wurde. Gleichzeitig wurde ihm Gelegenheit gegeben, dazu
Stellung zu nehmen. Vom 1. Dezember 2004 bis zum 13. Dezember 2005 saß
er aufgrund der gegen ihn erhobenen Vorwürfe in Untersuchungshaft. Am
7. Dezember 2004 erhielt der Beschwerdeführer aufgrund des
Ermittlungsverfahrens und der dort erhobenen Vorwürfe die fristlose
Kündigung seiner Dienstverträge und wurde als Geschäftsführer
abberufen. Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Klage war beim
Landgericht erfolglos. Der Beschwerdeführer legte Berufung ein. Das
Oberlandesgericht wies zunächst daraufhin, dass nach Abwägung der
Umstände die Arbeitgeber zur fristlosen Kündigung der Dienstverträge
mit dem Beschwerdeführer in Form einer Verdachtskündigung gemäß § 626
BGB berechtigt gewesen seien. Die vorherige Anhörung des
Beschwerdeführers sei entbehrlich gewesen, weil aufgrund der
Untersuchungshaft ein manifestierter Tatverdacht zum Nachteil seines
Arbeitgebers bestanden habe. Anschließend wies das Oberlandesgericht
die Berufung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch einstimmigen Beschluss
zurück.
Die Verfassungsbeschwerde war erfolgreich. Die 1. Kammer des Ersten
Senats des Bundesverfassungsgerichts hob diese Entscheidung auf und
verwies sie zur erneuten Entscheidung an das Oberlandesgericht mit der
Begründung zurück, dass die Zurückweisung nach § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO
den Rechtsweg des Beschwerdeführers unzulässig verkürzt und ihn dadurch
in seinem Recht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes (Art. 2 Abs. 1
in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG) verletzt habe. Die Zurückweisung
nach § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 kommt dann nicht in Betracht, wenn dem
Beschluss eine umstrittene und höchstrichterlich nicht geklärte
revisible Rechtsfrage zugrunde gelegt wird. In einem solchen Fall
hätte das Gericht durch Urteil unter Zulassung der Revision gemäß § 543
Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO entscheiden müssen.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit
Art. 20 Abs. 3 GG begründet zwar keinen Anspruch auf eine weitere
Instanz, sieht die entsprechende Prozessordnung aber ein Rechtsmittel
vor, so darf der Zugang zu dieser Instanz nicht in unzumutbarer, aus
Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert werden. Der
Zurückweisungsbeschluss des Berufungsgerichts ist gemäß § 522 Abs. 3
ZPO nicht anfechtbar und versperrt damit den Weg zur Revision.
Eine Zurückweisung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO
kommt dann nicht in Betracht, wenn es sich um eine klärungsbedürftige
und klärungsfähige Rechtsfrage handelt, die sich in einer unbestimmten
Vielzahl weiterer Fälle stellen kann und deshalb das abstrakte
Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und
Handhabung des Rechts berührt. Das setzt die Revisibilität des
anzuwendenden Rechts nach § 545 Abs. 1 ZPO voraus. Die hier vom
Oberlandesgericht aufgeworfene Rechtsfrage, ob ausnahmsweise dann von
einer Anhörung abgesehen werden kann, wenn ein Haftbefehl erlassen
worden ist und der Beschuldigte im Strafverfahren die ihm zur Last
gelegte Straftat zum Nachteil des Dienstherrn bestreitet, ist eine
solche klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage, die sich in
einer Vielzahl von Fällen stellen kann. Sie betrifft die Auslegung des
§ 626 Abs. 1 BGB. Dabei handelt es sich um Bundesrecht, also um
revisibles Recht im Sinne des § 545 Abs. 1 ZPO, bei der das Interesse
der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des
Rechts berührt ist. Die der Zurückweisung zugrundeliegende Rechtsfrage
ist umstritten und höchstrichterlich nicht hinreichend geklärt. So
haben sich bisher weder das Bundesarbeitsgericht noch der
Bundesgerichtshof mit dieser Frage befasst, noch ist die Rechtsprechung
der übrigen Gerichte von einer einheitlichen Rechtsauffassung geprägt.
Das Oberlandesgericht hat die Zurückweisung eindeutig allein auf diese
Rechtsauffassung gestützt und weder darauf abgehoben, dass eine
Anhörung wegen besonderer Umstände des Einzelfalls entbehrlich sei und
es deshalb auf die grundsätzliche Frage der Notwendigkeit einer
Anhörung nach Erlass eines Haftbefehls nicht ankomme, noch darauf, dass
eine ordnungsgemäße Anhörung stattgefunden habe.
Pressemitteilung Nr. 94/2008 vom 18. November 2008
Beschluss vom 4. November 2008 ? 1 BvR 2587/06 ?