Der Entscheidung liegt der Fall einer gerichtlich angeordneten Dauerpflegschaft für die Bereiche
Aufenthaltsbestimmung und medizinische Heilbehandlung zu Grunde. Nach § 92 Abs. 1 und
Abs. 2 KostO werden die Gerichtsgebühren für Dauerbetreuungen und -pflegschaften gestaffelt
nach dem Vermögen des Betroffenen berechnet. Auf der Grundlage dieser kostenrechtlichen
Vorschrift hatte das Amtsgericht im vorliegenden Fall die Gebühren für die Jahre 1992 bis 1994
auf jeweils 24.950 DM festgesetzt. Der Berechnung lag als Geschäftswert das Vermögen des
Betroffenen in Höhe von 25 Millionen Deutsche Mark zugrunde.
Auf die Verfassungsbeschwerde hin hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts die Gebührenregelung
des § 92 Abs. 1 und Abs. 2 KostO für verfassungswidrig erklärt. Die Vorschrift
ist mit dem Gleichheitssatz unvereinbar, soweit sie für die Berechnung der Gerichtsgebühren
auch bei Pflegschaften, die sich auf die Personensorge beschränken, unbegrenzt das reine Vermögen
zugrunde legt. Für den Erlass einer Neuregelung steht dem Gesetzgeber eine Frist bis zum
30. Juni 2007 zur Verfügung. Auf Sachverhalte, bei denen die Erhebung von Gebühren für Fürsorgemaßnahmen
mit vermögensrechtlichen Bezügen vorgesehen ist, ist die Gebührenregelung
bis zu diesem Zeitpunkt weiter anzuwenden. Für die gerichtliche Tätigkeit bei Fürsorgemaßnahmen,
die ausschließlich die Personensorge betreffen, ist für die Dauer der Übergangszeit die für
nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten geltende Regelung des § 30 Abs. 3 und Abs. 2 KostO
entsprechend anzuwenden. Nach dieser Vorschrift ist der Geschäftswert nach freiem Ermessen zu
bestimmen. Bei fehlenden Anhaltspunkten für eine Schätzung ist der Wert regelmäßig auf 3.000
Euro anzunehmen; er darf 500.000 Euro nicht überschreiten.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Eine Ausrichtung der Gebühren für entstandene Gerichtskosten an der Höhe des Vermögens ist
bei solchen Dauerbetreuungen und -pflegschaften sachlich gerechtfertigt, die Vermögensangelegenheiten
betreffen. Mit einem erhöhten Wert des Vermögens des Gebührenpflichtigen steigt
typischerweise auch der Bearbeitungsaufwand des Gericht für die Kontrolle der das Vermögen
betreffenden Fürsorgemaßnahmen. Überdies rechtfertigt das gesteigerte Haftungsrisiko des Staates
bei hohen Vermögenswerten eine nach dem Vermögen orientierte Staffelung der Gebühren.
In Fällen der alleinigen Personensorge dagegen führt ein höheres Vermögen regelmäßig nicht zu
Unterschieden im Umfang der staatlichen Leistung. Entsprechendes gilt in diesen Fällen für die
Haftung bei möglichen Fehlentscheidungen von Amtswaltern. Bei vermögenden Betroffenen ist
der Staat hier grundsätzlich keinen höheren Haftungsrisiken ausgesetzt als bei weniger vermögenden
Betroffenen.
Angesichts der erheblichen Unterschiede zwischen den gerichtlichen Leistungen bei Dauerbetreuungen
und -pflegschaften mit Vermögensbezug einerseits und andererseits bei solchen, die
sich allein auf die Personensorge beziehen, darf der Gesetzgeber bei letzteren die Gerichtsgebühren
nicht ausschließlich an der Höhe des Vermögens bemessen, ohne wegen des vom Vermögen
unabhängigen Aufwandes eine Begrenzung vorzunehmen. Die Gebührenregelung verstößt daher
gegen den Gleichheitssatz.
Nr. 51/2006 vom 13. Juni 2006
Beschluss vom 23. Mai 2006
1 BvR 1484/99