Dem Angeklagten wurde mit der Anklageschrift vom 20.November 2001 zur Last gelegt, am 22.Februar 2001 einen Schwerstbehinderten getötet zu haben, ohne Mörder zu sein.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme war der Angeklagte von diesem Vorwurf freizusprechen.
Es wurden im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen: Durch den “Club 68” wurde der Angeklagte als Zivildienstleistender beauftragt, vom13.Februar 2001 an die Betreuung des in der Zinnendorf-Stiftung lebenden Geschädigten zu übernehmen, wobei dieses nur übergangsweise für die Dauer von zwei Wochen erfolgen sollte. Durch den “Club 68” wurde ihm zu der Person des Geschädigten lediglich mitgeteilt, dass dieser an Muskelschwund leiden würde, sich kaum bewegen könne und tagsüber überwiegend Fernsehen gucke und am PC spiele. Der Angeklagte traute sich die Betreuung des Geschädigten zu, da ihm durch den “Club 68” zugleich mitgeteilt wurde, dass sich immer Pflegekräfte im Haus befänden. Seine Einweisung beschränkte sich darauf, dass er einen Tag eine Pflegekraft begleitete. Auf die Persönlichkeit des Geschädigten und seine besondere Situation wurde er nicht vorbereitet. Anders als die Mitarbeiter der Zinnendorf-Stiftung nahm er auch während der Betreuung nicht an Teambesprechungen oder Supervisionen teil.
Der 28 Jahre alte Geschädigte litt an stark ausgeprägter progressiver Muskeldystrophie des Typs Duchenne. Er war nahezu vollständig bewegungsunfähig und vermochte lediglich noch Mund und Zunge und in ganz geringem Umfang, ohne zu einer Kraftausübung in der Lage zu sein, einzelne Finger zu bewegen. Auch die Atemmuskulatur des Geschädigten war stark reduziert. Die Lungenkapazität entsprach etwa 10 % eines Gesunden. Da die Atmung insbesondere im Liegen erschwert war, wurde der Geschädigte insbesondere nachts regelmäßig über die Nase an ein Beatmungsgerät angeschlossen. In intellektueller Hinsicht war der Geschädigte in keiner Weise durch seine Krankheit behindert. Er war auch in der Lage, sich klar und deutlich zu artikulieren. In der Zinnendorf-Stiftung galt der Geschädigte als intelligenter und angenehmer Heimbewohner und starke Persönlichkeit. Der Geschädigte wusste genau, was er wollte und war in der Lage, seine Vorstellungen genau zu artikulieren. Daneben verfügte er über eine gute Menschenkenntnis und kon
Der Geschädigte empfand das Gefühl von Plastik auf der Haut als sexuell stimulierend. Er bat daher vereinzelt Pflegekräfte, ihm einen Müllsack über den Unterkörper zu ziehen. In Phantasien, die er auf seinem Computer niederschrieb und auf der Festplatte speicherte, beschäftigte sich der Geschädigte mit der Vorstellung, sexuell dadurch erregt zu werden, dass er mit zugeklebtem Mundzusammen mit weiterem Müll in zwei miteinander verklebte Müllsäcke in eine Müllbox geworfen und dort mit weiteren Müllsäcken bedeckt werde, um dann anschließend durch die Müllabfuhr in die Müllverbrennungsanlage gebracht und dort verbrannt zu werden.
Vom 13.Februar 2001 an betreute der Angeklagte den Geschädigten von dienstags bis freitags in der Zeit von 10.00 Uhr bis 16.30 Uhr. Der Angeklagte war für die Tagesgestaltung und die Freizeitaktivitäten des Geschädigten zuständig. So erledigte er für den Geschädigten Besorgungen und fuhr ihn im Rollstuhl u.a. zum Einkaufen. Daneben bereitete er für den Geschädigten das Mittagessen zu und fütterte ihn. Zu den weiteren Aufgaben des Angeklagten gehörte es, den Geschädigten zur Toilette zu bringen und ihn zu windeln. Die übrigen Pflegeleistungen wurden durch die Pflegekräfte der Zinnendorf-Stiftung erbracht. Wenn der Angeklagte den Geschädigten um 16.30 Uhr verließ, schloss er ihn regelmäßig an das Beatmungsgerät an. Ein- oder zweimal kam es auch vor, dass der Angeklagte den Geschädigten auf dessen Wunsch bereits nach dem Mittagessen gegen 14.00 Uhr an das Beatmungsgerät anschloss.
In der ersten Woche seiner Tätigkeit für den Geschädigten wurde auch der Angeklagte von dem Geschädigten gebeten, ihm statt einer Hose eine Plastiktüte über den Unterleib bis zur Hüfte zu ziehen. Dem Angeklagten, dem von der entsprechenden Vorliebe des Geschädigten zu diesem Zeitpunkt nichts bekannt war, kam dieser Wunsch zwar zunächst merkwürdig vor. Als der Geschädigte indes angab, gern Plastik auf der Haut zu spüren, kam er der Bitte des Geschädigten nach.
Am Tattag, dem 22.Februar 2001, guckte der Angeklagte mit dem Geschädigten zunächst zusammen Fernsehen. Etwa gegen 12.15 Uhr fragte der Geschädigte den Angeklagten, ob er ihn in Müllsäcke verpackt in einen Müllcontainer legen würde. Er habe jemanden, der ihn nachmittags wieder herausholen würde. Der Geschädigte erläuterte weiter, dass er sich telefonisch bei der Müllabfuhr vergewissert habe, dass die Container erst am folgen Tag geleert würden und dass er sich im Heim mit der Begründung, eingeladen zu sein, abgemeldet habe. Der Angeklagte, dem dieser Wunsch sehr seltsam vorkam, fragte nach, ob es dem Geschädigten ernst sei, was dieser bejahte und dazu angab, so etwas schon öfter gemacht zu haben. Der Angeklagte fragte hingegen mehrfach nach, ob es sicher sei, dass der Geschädigte wieder aus dem Container herausgeholt werden würde, was dieser bejahte. Wer ihn aus dem Müllcontainer herausholen würde, sagte der Geschädigte jedoch nicht. Plötzlich mit einer ihn überfordernden Situation konfrontiert, erklärte sic
Nach ins einzelne gehenden Anweisungen legte der Angeklagte den Geschädigten nackt, in zwei Mülltüten verpackt, in einen vor dem Haus stehenden Müllcontainer.
Den Nachmittag und Abend verbrachte der Angeklagte im Wesentlichen in seiner Zivildienstunterkunft.
In der Zinnendorf-Stiftung wurde das Fehlen des Geschädigten erst in den Abendstunden bemerkt. Eine nächtliche Suche auf dem Anstaltsgelände verlief erfolglos. Am Morgen des 23.Februar 2001 wurde der Geschädigte sodann tot in dem Müllcontainer aufgefunden.
Der Angeklagte erschien am Morgen des 23.Februar 2001 zu seinem üblichen Arbeitsbeginn in der Zinnendorf-Stiftung. Als ihm von der Polizei mitgeteilt wurde, dass der Geschädigte tot in dem Container aufgefunden wurde, ging ihm auf, dass er von dem Geschädigten mit dessen Behauptung, es sei sichergestellt, dass er aus dem Container herausgeholt werden würde, hintergangen und als “blöder Gehilfe” benutzt worden war.
Dieser Sachverhalt rechtfertigt nach Auffassung der Kammer weder die Verurteilung des Angeklagten wegen einer vorsätzlichen Tötung noch eines anderen Straftatbestandes.
Der Angeklagte hat an einer einverständlichen Fremdgefährdung des Geschädigten mitgewirkt, die hier einer straflosen eigenverantwortlich gewollten und verwirklichten Selbstgefährdung des Geschädigten gleichzustellen ist. Maßgebend hierfür waren die folgenden Erwägungen:
Der Geschädigte hat allein den Plan entwickelt, hinsichtlich jedes einzelnen Schrittes den Angeklagten angewiesen, was dieser zu tun habe und hat sich zum Hineinlegen in den Container zur Verfügung gestellt. Der Angeklagte hat alle Handlungsschritte auf Anweisung des Geschädigten ausgeführt. – Der Geschädigte hatte mindestens dieselbe Kenntnis von der Gefährlichkeit des beabsichtigten Verbleibes in dem Container wie der Angeklagte. Da der Geschädigte seit Jahren mit seiner eingeschränkten Atmungsfähigkeit lebte und deren Verschlechterung mitbekam, während der Angeklagte den Geschädigten erst seit kurzem kannte, hat er das Risiko, nicht ausreichend atmen zu können, eher in einem höheren Maße als der Angeklagte übersehen. Das Risiko für seine Gesundheit, nackt bei Temperaturen um den Gefrierpunkt in einem Müllcontainer zu liegen, hat der Geschädigte vollständig erkannt. Sein Tod ist die Folge des von ihm gewünschten Hineinlegens und Verbleibes in dem Container. Er handelte freiverantwortlich. Zeugen bezeichnet sterben wollte, hat der Geschädigte den Angeklagten letztendlich benutzt, ohne ihn über seine wahren Absichten zu informieren.
Bei dieser Sachlage war der Angeklagte auch im Nachhinein nicht verpflichtet, als sich die Gefahr für das Leben des Geschädigten gesteigert hatte, zurückzukehren und ihn aus dem Container zu holen.