Der Beschwerdeführer wurde 1997 wegen Mordes und Totschlags zu einer
lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Nach den Feststellungen des
Landgerichts Aachen hat der Beschwerdeführer in einem Nachtclub zwei
Personen erschossen. Hinsichtlich des ersten Tatopfers ging das Gericht
von dem Mordmerkmal der Heimtücke aus, da der Beschwerdeführer dem
völlig überraschten Opfer in den Rücken geschossen habe. Die beiden
weiteren frontal auf das Opfer gezielten Schüsse seien erst abgegeben
worden, nachdem sich das Opfer im Rahmen einer Abwehrbewegung zum
Beschwerdeführer hingedreht hatte.
Im Jahr 2005 beantragte der Beschwerdeführer die Wiederaufnahme des
Strafverfahrens. Unter Hinweis auf ein rechtsmedizinisches und ein
kriminalbiologisches Gutachten behauptete der Beschwerdeführer, dass
nicht bereits der erste, sondern erst der dritte Schuss das Opfer in den
Rücken getroffen habe. Zu diesem Zeitpunkt sei das Opfer nicht mehr
arglos gewesen. Das Landgericht und das Oberlandesgericht Köln verwarfen
den Wiederaufnahmeantrag als unbegründet. Dabei stellte das
Oberlandesgericht bezüglich der Reihenfolge des Schusswechsels
Erwägungen über mögliche alternative Geschehensabläufe an und kam zu dem
Ergebnis, dass auch unter Berücksichtigung solcher Abläufe der
Schusswechsel wie vom Schwurgericht angenommen erfolgt sei.
Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde war erfolgreich. Die 2.
Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hob die
Entscheidungen des Landgerichts und des Oberlandesgerichts auf, da sie
das Recht des Beschwerdeführers auf Gewährleistung effektiven
Rechtsschutzes verletzen. Die Sache wurde an das Landgericht zur
erneuten Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag zurückverwiesen.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Dem Wiederaufnahmegericht ist es verfassungsrechtlich verwehrt, im Wege
der Eignungsprüfung Beweise zu würdigen und Feststellungen zu treffen,
die nach der Struktur des Strafprozesses der Hauptverhandlung
vorbehalten sind. Für die Feststellung strafrechtlicher Schuld steht
nach dem Willen des Gesetzgebers allein die Hauptverhandlung zur
Verfügung. Sie ist von Rechts wegen so ausgestaltet, dass sie die
größtmögliche Gewähr sowohl für die Erforschung der Wahrheit wie für die
bestmögliche Verteidigung des Angeklagten bietet. Der Angeklagte kann
dort Beweisanträge stellen, Zeugen befragen und sonst auf Gang und
Ergebnis des Verfahrens in dem näher geregelten Maße Einfluss nehmen.
Diese Möglichkeiten sind ihm abgeschnitten, wenn die in der
Hauptverhandlung getroffene, jedoch unhaltbar gewordene oder ernstlich
in Frage gestellte, Feststellung einer wesentlichen, den Schuldspruch
begründenden Tatsache im Nachhinein durch eine andere ersetzt wird, die
ohne Hauptverhandlung ermittelt wurde. Dies verbietet es, ohne erneute
Hauptverhandlung, den festgestellten unmittelbaren Tatverlauf in einer
Kernfrage der Beweisaufnahme durch einen anderen zu ersetzen oder eine
Erschütterung der betreffenden Feststellungen unter Verweis auf denkbare
alternative Verläufe für unmaßgeblich zu erklären. Dies hat das
Oberlandesgericht jedoch bezüglich der vom Schwurgericht festgestellten
Drehung des Opfers getan, indem es Erwägungen über mögliche alternative
Geschehensabläufe angestellt hat. Dadurch hat das Oberlandesgericht dem
Beschwerdeführer die Möglichkeit genommen, auf den Prozess der
Wahrheitsfindung in einer wesentlichen Frage angemessen einzuwirken.