Die Aussetzung der Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe
schließt die gleichzeitige Anordnung eines Jugendarrests aus. Dies
entschied die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts.
Das Amtsgericht sprach den zur Tatzeit fast 21jährigen Beschwerdeführer
(Bf) des Raubes mit gefährlicher Körperverletzung schuldig und setzte
die Entscheidung, ob Jugendstrafe zu verhängen ist, für die Dauer von
zwei Jahren zur Bewährung aus. Ferner verhängte es einen Dauerarrest von
vier Wochen. Die auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkte Berufung des
Bf wurde vom Landgericht (LG) verworfen. Mit der Verfassungsbeschwerde
(Vb) wendet sich der Bf gegen den Rechtsfolgenausspruch.
Die Vb war erfolgreich. Das Bundesverfassungsgericht hob das Urteil des
LG hinsichtlich des Rechtsfolgenausspruchs auf und verwies das Verfahren
an das LG zurück. Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende
Erwägungen zu Grunde:
Die Anordnung von Jugendarrest neben der Aussetzung der Verhängung einer
Jugendstrafe verstößt gegen Art. 103 Abs. 2 GG. Art. 103 Abs. 2 GG
gewährleistet, dass eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die
Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.
Nicht nur die Strafbarkeit, sondern auch die Strafandrohung muss in Art
und Maß durch den Gesetzgeber bestimmt sein. Der gleichzeitigen
Anordnung von Jugendarrest und Aussetzung der Verhängung der
Jugendstrafe steht der Wortsinn des § 13 Abs. 1 Jugendgerichtsgesetz
(JGG) entgegen.
Nach § 13 Abs. 1 JGG kann die Straftat eines Jugendlichen nur dann mit
Zuchtmitteln – hierzu zählt auch der Jugendarrest – geahndet werden,
wenn Jugendstrafe nicht geboten ist. Ob die Verhängung einer
Jugendstrafe geboten ist, steht bei der Aussetzung der Verhängung der
Jugendstrafe zur Bewährung (§ 27 JGG) gerade noch nicht fest. Denn eine
Entscheidung nach § 27 JGG kann nur ergehen, wenn offen bleibt, ob wegen
der schädlichen Neigungen des Jugendlichen Jugendstrafe erforderlich
ist. Diese Ungewissheit über die Erforderlichkeit der Jugendstrafe darf
nicht mit der Nicht-Erforderlichkeit einer Jugendstrafe gleichgesetzt
werden. Denn stellt sich später heraus, dass schädliche Neigungen in
einem Umfang vorlagen, der die Verhängung von Jugendstrafe erforderlich
macht, so wäre der vorangegangene Jugendarrest vollzogen worden, obwohl
dessen Voraussetzungen nicht vorlagen.
Beschluss vom 9. Dezember 2004 – 2 BvR 930/04 –
Karlsruhe, den 27. Januar 2005