Der Beschwerdeführer befindet sich seit dem 15. Juli 2006 wegen des
Verdachts des versuchten Mordes mit schwerer Brandstiftung in
Untersuchungshaft. Er soll Benzin vor der Wohnungstüre einer ihm
bekannten Familie ausgegossen und in Brand gesteckt haben, um die
Auswirkungen eines angeblich gegen ihn verhängten “Vodoo-Zaubers” zu
beenden.
Im Januar 2007 ordnete das Oberlandesgericht Nürnberg die Fortdauer der
Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus an. Auf die dagegen
eingelegte Verfassungsbeschwerde hob die 3. Kammer des Zweiten Senats
des Bundesverfassungsgerichts die Entscheidung des Oberlandesgerichts
auf, da dieses nicht dargelegt habe, aus welchem wichtigen Grund ein
Urteil noch nicht habe ergehen können (vgl. Pressemitteilung Nr. 41/2007
vom 4. April 2007). Daraufhin ordnete das Oberlandesgericht im April
2007 erneut die Fortdauer der Untersuchungshaft an. Die Verteidigung
habe zwar zu Recht darauf hingewiesen, dass die Notwendigkeit eines
psychiatrischen Gutachtens sofort erkennbar gewesen sei. Allerdings
müsse berücksichtigt werden, dass der Sachverständige für sein Gutachten
auf entsprechende Anknüpfungstatsachen angewiesen sei. Deshalb sei es
geboten gewesen, das vollständige Ergebnis der Ermittlungen abzuwarten
und den Gutachtensauftrag erst nach Vorliegen des Schlussberichts im
März 2007 und nicht bereits anlässlich der ersten Vernehmung im Juli
2006 zu erteilen. Dem mit der Sache vertrauten Kriminalbeamten sei ein
erheblicher Spielraum bei der Wahl seiner Vorgehensweise zuzubilligen.
Die Verfassungsbeschwerde war erfolgreich. Die 3. Kammer des Zweiten
Senats des Bundesverfassungsgerichts hob die Entscheidung des
Oberlandesgerichts auf, da sie den Beschwerdeführer in seinem
Freiheitsgrundrecht verletze. Es habe keine Veranlassung bestanden, mit
der Beauftragung des Sachverständigen bis zum März 2007 zu warten. Das
Oberlandesgericht muss unverzüglich erneut in der Sache entscheiden, den
Haftbefehl aufheben und den Beschwerdeführer aus der Untersuchungshaft
entlassen.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:
Angesichts der wertsetzenden Bedeutung des Freiheitsgrundrechts fehlt
für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus ein
wichtiger Grund regelmäßig dann, wenn eine Verfahrensverzögerung dadurch
hätte vermieden werden können, dass unmittelbar nach Bekanntwerden eines
Begutachtungserfordernisses ein entsprechender Gutachtensauftrag erteilt
worden wäre. Steht bereits zum Zeitpunkt des Erlasses des Haftbefehls
fest, dass ein Gutachten – etwa zur Schuldfähigkeit des Betroffenen –
eingeholt werden muss, so ist das Verfahren regelmäßig nicht ausreichend
gefördert worden, wenn der Gutachtensauftrag erst mehrere Monate nach
der Festnahme erteilt wurde. Die Begutachtung durch einen
Sachverständigen ist bei entsprechenden Hinweisen vielmehr umgehend
anzuordnen.
Der Beschluss des Oberlandesgerichts wird diesen Anforderungen nicht
gerecht. Die Notwendigkeit, ein psychiatrisches
Sachverständigengutachten einzuholen, war angesichts der vom
Beschwerdeführer abgegebenen Einlassungen zur Tat evident und stand, wie
auch das Oberlandesgericht ausdrücklich festgestellt hat, bereits im
Zeitpunkt der ersten Vernehmung des Beschwerdeführers im Juli 2006 außer
Frage. Weiterer Anknüpfungstatsachen bedurfte es deshalb nicht. Ein wie
auch immer gearteter Einschätzungsspielraum der Ermittlungsbehörden
kommt angesichts der wertsetzenden Bedeutung des Grundrechts der
persönlichen Freiheit nicht in Betracht. Wäre das Gutachten rechtzeitig
in Auftrag gegeben worden, hätten die Ermittlungen schon im November
2006 abgeschlossen und die Anklageschrift gefertigt werden können.
Letzteres ist nunmehr erst am 3. Mai 2007 geschehen, ohne dass das
fachpsychiatrische Gutachten vorlag. Die daraus resultierende
Verzögerung von über fünf Monaten wurzelt ausschließlich im
Verantwortungsbereich der Bayerischen Justizbehörden.