Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers, mit der er sich gegen
die Aufrechterhaltung der Untersuchungshaft wandte, war erfolgreich. Die
3. Kammer des Zweiten Senats hob den Haftfortdauerbeschluss des
Oberlandesgerichts auf, da er den Beschwerdeführer in seinem
Freiheitsgrundrecht in Verbindung mit seinem Anspruch auf ein faires
Verfahren verletze. Der Beschluss des Oberlandesgerichts lasse nicht mit
der in Haftsachen zu fordernden Gewissheit erkennen, dass das Verfahren
nicht durch der Justiz anzulastende Fehler in verfassungswidriger Weise
verzögert wurde. Das Oberlandesgericht muss unverzüglich erneut in der
Sache entscheiden.
Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Nach § 121 Abs. 1 StPO darf Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus
nur aufrechterhalten werden, wenn die besondere Schwierigkeit oder der
besondere Umfang der Ermittlungen oder ein anderer wichtiger Grund das
Urteil noch nicht zugelassen haben und die Fortdauer der Haft
rechtfertigen. Die Sechs-Monats-Frist stellt dabei nur eine Höchstgrenze
dar. Aus § 121 Abs. 1 StPO kann nicht der Schluss gezogen werden, dass
das Strafverfahren bis zu diesem Zeitpunkt nicht dem
Beschleunigungsgebot gemäß geführt werden muss. Die Vorschrift erfordert
ihrem Wortlaut nach eine doppelte Prüfung. Zum einen müssen
Feststellungen darüber getroffen werden, ob die besondere Schwierigkeit
oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder andere wichtige Gründe
ein Urteil bislang noch nicht zugelassen haben (erste Stufe). Liegen
derartige Gründe vor, ist zum anderen erforderlich, dass sie die
Fortdauer der Untersuchungshaft rechtfertigen (zweite Stufe).
Der Beschluss des Oberlandesgerichts verhält sich zu diesen
Voraussetzungen nicht. Vor allem legt er nicht dar, worin die besonderen
Schwierigkeiten oder der besondere Umfang der Ermittlungen oder gar ein
anderer wichtiger Grund bestanden haben sollen, die ein Urteil bislang
nicht zuließen. Schließlich hat das für die Durchführung der
Hauptverhandlung zuständige Landgericht Nürnberg-Fürth bereits in seiner
Haftbeschwerdeentscheidung vom September 2006 festgestellt, dass gegen
die Einführung der Aussagen des Beschwerdeführers in das Verfahren keine
Bedenken bestehen. Stattdessen beschränkt sich das Oberlandesgericht auf
die Feststellung, die Besonderheiten des Falles machten gründliche
Ermittlungen erforderlich, für die eine lange Bearbeitungszeit zu
veranschlagen sei. Eine Subsumtion unter die engen Voraussetzungen des §
121 Abs. 1 StPO ist darin nicht zu erkennen. Weder werden die
Besonderheiten des Falles aufgezeigt noch wird dargelegt, welche
Ermittlungsmaßnahmen in welchem Stadium des Verfahrens ergriffen wurden.
Die materielle Grundrechtsposition des Betroffenen darf nicht durch eine
systematische Verkürzung des einfach-rechtlichen Anwendungsprogramms des
§ 121 Abs. 1 StPO entwertet werden. Das Grundrecht der persönlichen
Freiheit und das Recht des Beschuldigten auf ein faires Verfahren
verlangen eine hinreichende Begründung, die das Bundesverfassungsgericht
in die Lage versetzt, eine Verletzung des Beschleunigungsgebots in
Haftsachen zu prüfen.
Ungeachtet dessen könnte die Fortdauer der Untersuchungshaft auch nicht
mit der Erwägung gerechtfertigt werden, der Beschwerdeführer habe
ohnehin mit einer mehrjährigen Haftstrafe zu rechnen. Die Schwere der
Tat und die im Raum stehende Straferwartung sind im Zusammenhang mit §
121 StPO ohne jede Bedeutung. Sollte sich im Rahmen der nunmehr erneut
durchzuführenden Haftprüfung ergeben, dass über einen Zeitraum von
mehreren Wochen oder Monaten hinweg keine verfahrensfördernden
Ermittlungshandlungen stattgefunden haben, kann eine Fortdauer der
bereits mehr als sechs Monate andauernden Untersuchungshaft nicht
angeordnet werden.
Pressemitteilung Nr. 41/2007 vom 4. April 2007
Zum Beschluss vom 29. März 2007 – 2 BvR 489/07 –