Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zu Grunde:
Das Adhäsionsverfahren eröffnet dem Geschädigten einer Straftat die Möglichkeit, im Strafverfahren finanzielle Kompensation für erlittene Schäden zu erlangen.
Untersuchungen zeigen, dass für Opfer von Straftaten das Wiedergutmachungsbedürfnis, gerade auch in seiner finanziellen Dimension, generell eine sehr große Rolle
spielt. Im Einzelfall ? wenn z.B. aufwändige Fahndungsmaßnahmen und Zwangsmittel erforderlich sind, um den staatlichen Strafanspruch durchzusetzen ? kann die
Anhaftung der Entschädigungsmöglichkeit an das Strafverfahren für den Geschädigten die einzige Möglichkeit darstellen, Kompensation zu erlangen. Der Gesetzgeber hat vor
diesem Hintergrund die Rechte des Adhäsionsklägers mehrfach gestärkt in dem Bestreben, dem
Adhäsionsverfahren in der Rechtswirklichkeit eine größere Bedeutung zu verschaffen. Mit den Änderungen durch das Opferrechtsreformgesetz vom 24. Juni 2004
beabsichtigte der Gesetzgeber, die Durchführung des Adhäsionsverfahrens zum Regelfall der Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche des Opfers zu machen.
Vor diesem Hintergrund ist der Antragsteller im Adhäsionsverfahren als Rechtsuchender im Sinne der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung anzusehen, dem die Ablehnung des
gesetzlichen Richters offen steht, wenn dieser nicht die Gewähr der Unparteilichkeit bietet. Da das Adhäsionsverfahren seit seiner Stärkung durch das
Opferrechtsreformgesetz den gesetzlichen Regelfall der Durchsetzung von Opferansprüchen darstellt, ist der Antragsteller in erheblichem Maße beschwert, wenn das
Verfahren, veranlasst durch ein parteiliches Verhalten des gesetzlichen Richters, scheitert und der Antragsteller sich auf ein neues ? zeit- und kostenintensives ? Verfahren
vor den Zivilgerichten verwiesen sieht. Zwar hat der Gesetzgeber in der Strafprozessordnung ein Recht des Adhäsionsklägers zur Ablehnung des Gerichts wegen Besorgnis der
Befangenheit nicht ausdrücklich normiert. Die gesetzliche Ausgestaltung des Adhäsionsverfahrens kann aber in einer den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die
Gewährleistung eines Ablehnungsrechts des Adhäsionsklägers genügenden Weise dahingehend ausgelegt werden, dass auch dem Adhäsionskläger ein Ablehnungsrecht
zusteht.
Pressemitteilung Nr. 6/2007 vom 24. Januar 2007
Zum Beschluss vom 27. Dezember 2006 ? 2 BvR 958/06 ?