Das Landgericht Berlin hat den jetzt 83-jährigen Angeklagten wegen
unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in Tateinheit mit unerlaubtem
Überlassen von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe verurteilt. Nach den
Feststellungen der Strafkammer war der Angeklagte, Psychologe und Theologe,
seit Anfang der achtziger Jahre als sogenannter Freitodbegleiter tätig. Er
ist zudem Generalsekretär einer von ihm in der Schweiz gegründeten
Vereinigung, die sich zum Ziel gesetzt hat, hoffnungslos schwer Leidenden
ein “humanes Sterben” zu ermöglichen. Im März 1998 wandte sich eine in
Berlin lebende Ärztin an ihn, die aus dem Leben scheiden wollte, weil sie
seit vielen Jahren an einer unheilbaren Krankheit litt, in deren Folge sie
weitestgehend bewegungsunfähig war. Nach einem persönlichen Treffen und auf
ihren Wunsch führte der Angeklagte deswegen am 20. April 1998 eine tödlich
wirkende Dosis eines dem Betäubungsmittelgesetz unterliegenden Barbiturats
von der Schweiz nach Deutschland ein und übergab es der Sterbewilligen.
Diese nahm das Mittel sogleich zu sich; sie verstarb innerhalb kurzer Zeit.
Auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten hat der 5.
(Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofes den Schuldspruch bestätigt,
die gegen den Angeklagten verhängte Geldstrafe allerdings aufgehoben und
wegen des Ausnahmecharakters der Tat eine Verwarnung mit Strafvorbehalt
ausgesprochen. Entgegen dem Revisionsvorbringen der Staatsanwaltschaft hat
der Angeklagte durch das Überlassen des Barbiturats nicht “leichtfertig den
Tod” der Ärztin verursacht; er hat damit kein Verbrechen nach § 30 Abs. 1
Nr. 3 Betäubungsmittelgesetz begangen. Die genannte Vorschrift kommt
jedenfalls dann nicht zur Anwendung, wenn, wie hier in einem besonders
gelagerten Fall, eine nicht betäubungsmittelabhängige Person ein
Betäubungsmittel zum “klassischen” Freitod verwendet.
Der Angeklagte, der kein Angehöriger der Schwerkranken war, befand sich
nicht in einer Notstandslage, die sein Handeln hätte rechtfertigen oder
entschuldigen können. Er war zuvor in einer Vielzahl von Fällen in
ähnlicher Weise tätig geworden und war insbesondere daher zur Erkundigung
über die Rechtslage verpflichtet.
Urteil vom 7. Februar 2001 – 5 StR 474/00
Karlsruhe, den 7. Februar 2001