Mit Urteil vom 22. Dezember 2005 zur Umsatzsteuer 2002 (Az.: 6 K 1996/02) hat das FG
Rheinland-Pfalz zu der Frage Stellung genommen, ob § 13b UStG verfassungsrechtlich zu
beanstanden ist, bzw. dem europäischen Recht widerspricht.
Die Besonderheit des Streitfalls liegt darin, dass in der Mehrzahl der Fälle Steuerschuldner
der Umsatzsteuer der Unternehmer ist. Nach § 13 b UStG kann bei sogen. Auslandsgeschäften
allerdings der Leistungsempfänger als Steuerschuldner angesehen werden (beispielsweise kann der
inländische Bauherr Schuldner der Umsatzsteuer werden, wenn eine ausländische Firma die
Bauarbeiten durchführt).
Der Kläger, ein Landwirt, bzw. Vermieter ließ im Jahre 2002 an seinem Betriebsgebäude durch
eine in Luxemburg ansässige Firma eine Dacherweiterung mit Aufstockung im Bereich des Wohnteils
durchführen. Die im Jahre 2002 bezahlte Rechnung über rd. 22.400 € wies keine Umsatzsteuer aus,
enthielt jedoch einen Hinweis auf § 13b UStG.
Seine Umsatzsteuererklärung füllte der Kläger in der Weise aus, dass er für die nach § 13 b
UStG geschuldete Steuer eine Bemessungsgrundlage von rd. 22.400 € angab. Die hieraus
resultierende Umsatzsteuer erklärte er jedoch mit null €, weil er der Ansicht war, die
Vorschrift des § 13b UStG sei wegen Verstoßes gegen die Verfassung und gegen das europäische
Recht nicht anwendbar. Das sah das Finanzamt anders und setzte die Umsatzsteuer mit rd. 3.580 €
(= 16% von rd. 22.400 €) fest.
Mit seiner dagegen gerichteten Klage trug der Kläger u.a. vor, § 13b UStG verstoße gegen den
Verfassungsgrundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, denn es gebe ein gravierendes
Erhebungsdefizit beim Übergang der Steuerschuldnerschaft. Die Finanzverwaltung sei nicht im
Stande, auch nur ein Zehntel der steuererhebungsrelevanten Tatbestände zu prüfen. Das Finanzamt
sei völlig auf die Steuerehrlichkeit der Steuerpflichtigen angewiesen, weil seine
Nachprüfungsmöglichkeiten in diesem Bereich verschwindend gering seien. Außerdem verstoße § 13b
UStG gegen europäisches Recht. Die entsprechende 6. EG-Richtlinie lasse die Umkehrung der
Steuerschuldnerschaft auf den Empfänger einer Dienstleistung nur zu, wenn der Empfänger im
Inland für Zwecke der Mehrwertsteuer erfasst sei. Er, der Kläger, sei als pauschalierender
Landwirt, bzw. als Vermieter jedenfalls kein für Mehrwertsteuerzwecke erfasster Unternehmer, so
dass nach europäischem Recht die Steuerschuld nicht auf ihn übergehen könn!
e.
Das FG Rheinland-Pfalz wies die Klage ab. Es führte aus, der Kläger schulde die streitige
Umsatzsteuer als Leistungsempfänger i.S.d. § 13 b UStG.
Soweit ein Vollzugsdefizit gerügt werde, treffe das nicht zu. Ein strukturelles
Erhebungsdefizit liege nicht vor. Denn nach der Ausgestaltung der Umsatzsteuerformulare sei die
Frage nach der steuerlichen Bemessungsgrundlage für den Steuerpflichtigen leicht zu beantworten
und dessen Angabe in der Konsequenz für den Veranlagungsbeamten einfach zu erkennen. Dieser
Sachverhalt sei nicht mit den Fällen der unzureichend nachgefragten und kaum kontrollierbaren
Angaben über Spekulationsgeschäfte vergleichbar, weil der Unternehmer zu den entsprechenden
Angaben hier eindeutig verpflichtet sei. Die Vorschrift sei auch erst seit dem 1.1. 2002 in
Kraft getreten und dem Gesetzgeber müsse eine gewisse Zeit eingeräumt werden, den Vollzug
seiner Gesetze zu beurteilen. Nur wenn der Gesetzgeber einen Erhebungsmangel erkenne und es
gleichwohl versäume, den Mangel nachzubessern, könne ihm ein Vollzugsdefizit vorgeworfen werden.
Der Rechtsansicht, dass § 13b UStG gegen europäisches Recht verstoße, trete der Senat nicht
bei. Entgegen der Ansicht des Klägers sei es nicht zu beanstanden, dass auch Unternehmer, die
nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt seien, unter die beanstandete Regelung fielen. Die 6.
EG-Richtlinie lasse diese Auslegung zu. Aus dem Gesichtspunkt der Unverhältnismäßigkeit ergebe
sich nicht anderes. Die Einbeziehung von Leistungsempfängern, die nur steuerfreie Umsätze
erzielten, könne zwar zu teilweise „grotesken“ Ergebnissen führen, doch sei die Verpflichtung
aus § 13b UStG zumutbar, weil es sich im Regelfall um empfangene Leistungen handele, die selten
vorkämen und demgemäß als Ausnahmen im Geschäftsbetrieb oder der Vermögensverwaltung
überschaubar seien. Demgemäß liege auch keine übermäßige Belastung vor.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.