BFH: Von Banken kann Vorlage von Kontoauszügen eines Kunden erst nach vorherigem Auskunftsersuchen verlangt werden

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Urteil vom 24. Februar 2010 II R 57/08
entschieden, dass ein Finanzamt (FA) im Besteuerungsverfahren eines
Bankkunden von der Bank im Regelfall erst dann die Vorlage von Kontoauszügen
nach § 97 der Abgabenordnung (AO) verlangen darf, wenn die Bank eine zuvor
geforderte Auskunft über das Konto nach § 93 AO nicht erteilt hat, die
Auskunft unzureichend ist oder Bedenken gegen ihre Richtigkeit bestehen.

Im konkreten Fall hatte ein FA im Besteuerungsverfahren einer Bankkundin
zunächst von dieser die Vorlage von Kontoauszügen verlangt, um das
Vorhandensein regelmäßiger Abhebungen zur Bestreitung ihres Lebensunterhalts
überprüfen zu können. Da die Bankkundin die Unterlagen vernichtet hatte,
verlangte das FA die Vorlage der Kontoauszüge von der Bank. Weil nach § 107
AO eine Entschädigung nur für Auskunftspflichtige vorgesehen ist, wandte die
Bank aber ein, das FA müsse zunächst ein Auskunftsersuchen stellen.

Nach § 97 Abs. 2 Satz 1 AO soll die Vorlage von Büchern, Aufzeichnungen,
Geschäftspapieren und anderen Urkunden in der Regel erst dann verlangt
werden, wenn der Vorlagepflichtige eine Auskunft nicht erteilt hat, die
Auskunft unzureichend ist oder Bedenken gegen ihre Richtigkeit bestehen. Dazu
stellt der BFH jetzt klar, dass die Norm der Wahrung des
Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes dient und der Gesetzgeber davon ausgegangen
ist, dass die Verpflichtung zur Auskunftserteilung nach § 93 AO regelmäßig
die weniger in die Persönlichkeitssphäre eingreifende Maßnahme als die
Verpflichtung zur Vorlage von Urkunden ist. Ein Abweichen von der in § 97
Abs. 2 Satz 1 AO vorgegebenen Rangfolge kommt deshalb nur in atypischen
Fällen in Betracht, in denen das Vorliegen steuerrelevanter Tatsachen nur
durch die Vorlage eines Schriftstückes beweisbar oder eine Auskunft zur
Wahrheitsfindung untauglich ist.

Urteil vom 24.02.10§ II R 57/08