Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 16. November 2011 X R 18/09 entschieden, dass Betriebsinhaber, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermitteln,
verpflichtet sind, der Einkommensteuererklärung (seit 2005) eine Gewinnermittlung auf einem amtlich vorgeschriebenen Vordruck beizufügen. Dieser Vordruck – von der
Finanzverwaltung als „Anlage EÜR” bezeichnet – sieht eine standardisierte Aufschlüsselung der Betriebseinnahmen und -ausgaben vor, die zu besseren Kontroll- und
Vergleichsmöglichkeiten führen soll.
Geklagt hatte ein Schmied. Er hatte seiner Steuererklärung die von einem großen deutschen Buchführungsunternehmen erstellte Gewinnermittlung beigefügt und argumentiert, zu
mehr sei er nicht verpflichtet. Die Pflicht zur Abgabe der Anlage EÜR ist nicht im Einkommensteuergesetz (EStG) geregelt, sondern in § 60 Abs. 4 der
Einkommensteuer-Durchführungsverordnung. Das Finanzgericht hatte der Klage stattgegeben. Es sei nicht ausreichend, dass nur der Verordnungsgeber, nicht aber der
Parlamentsgesetzgeber tätig geworden war. Die Pflicht zur Abgabe der Anlage EÜR sei daher nicht wirksam begründet worden.
Dem ist der BFH nicht gefolgt. Nach seiner Auffassung konnte die Pflicht wirksam durch eine Rechtsverordnung begründet werden. Insbesondere besteht dafür in § 51 Abs. 1 Nr. 1
Buchst. a EStG eine ausreichende Ermächtigungsgrundlage. Nach dieser Vorschrift können Rechtsverordnungen über die Unterlagen, die den Einkommensteuererklärungen beizufügen
sind, erlassen werden, soweit dies zur Wahrung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung oder zur Vereinfachung des Besteuerungsverfahrens erforderlich ist. Beide Zwecke sind hier
erfüllt. Die Standardisierung führt zu besseren Kontroll- und Vergleichsmöglichkeiten der Finanzverwaltung und trägt damit zur Gleichmäßigkeit der Besteuerung bei. Auch
bewirkt die Standardisierung zumindest im Bereich der Finanzverwaltung eine Vereinfachung des Verfahrens. Die Entscheidung zur Einführung der Anlage EÜR ist nicht so
wesentlich, dass sie ausschließlich vom Parlamentsgesetzgeber hätte getroffen werden dürfen.
Pressemitteilung zum Urteil vom 16. November 2011 – X R 18/09