In drei zeitgleich veröffentlichten Entscheidungen hat sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit den Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs bei Holdinggesellschaften (Urteil vom 9.
Februar 2012Â V R 40/10), beim Erwerb zahlungsgestörter Forderungen (Urteil vom 26. Januar 2012Â V R 18/08 und mit dem Vorsteuerabzug aus Strafverteidigungskosten
(Beschluss vom 22. Dezember 2011Â V R 29/10) befasst.
1. Hälftiger Vorsteuerabzug für Holdinggesellschaften
Durch Urteil vom 9. Februar 2012Â V R 40/10 hat der BFH entschieden, dass eine Holdinggesellschaft, deren Hauptzweck das Halten von Beteiligungen ist und die
entgeltliche Leistungen nur als Nebenzweck erbringt, höchstens zum hälftigen Vorsteuerabzug aus den Gemeinkosten berechtigt sein kann. Er hat damit im Ergebnis das
angefochtene Urteil des Finanzgerichts bestätigt. Der Streitfall betraf eine Holdinggesellschaft, die über einen umfangreichen Beteiligungsbesitz verfügte und daneben auch
entgeltliche Dienstleistungen erbrachte. Das Finanzamt hatte der Holding einen Vorsteuerabzug von 75% aus den Gemeinkosten zugebilligt. Die Klage, mit der die Holding den
vollen Vorsteuerabzug begehrte, hatte keinen Erfolg.
Der Anspruch auf Vorsteuerabzug bei Holdinggesellschaften war seit Jahren im Streit. Im Ausgangspunkt ist das Halten von Beteiligungen keine wirtschaftliche Tätigkeit und
unterliegt deshalb nicht der Umsatzsteuer. Folglich stellte sich die Frage, in welchem Umfang die Vorsteuer aus den Gemeinkosten auf diese nicht wirtschaftliche Tätigkeit
entfällt und deshalb (teilweise) nicht abzugsfähig ist. Holdinggesellschaften, die neben dem Halten von Beteiligungen auch entgeltliche Dienstleistungen erbringen, gingen
gleichwohl davon aus, zum uneingeschränkten Vorsteuerabzug berechtigt zu sein.
2. Kein Vorsteuerabzug bei Erwerb und Einziehung zahlungsgestörter Forderungen
Das Urteil vom 26. Januar 2012 V R 18/08Â verneint den Vorsteuerabzug bei Erwerb und Einziehung zahlungsgestörter Forderungen (?non-performing loans?). Auf Vorlage
durch den BFH hatte der EuGH in diesem Fall entschieden, dass der Forderungserwerber beim Kauf der Forderungen gegenüber dem Forderungsverkäufer keine entgeltliche Leistung
erbringt, wenn der Kaufpreis dem tatsächlichen wirtschaftlichen Wert der Forderung entspricht. Diese Voraussetzungen hat der BFH im Streitfall als gegeben erachtet, so dass
im Zusammenhang mit dem Erwerb der Forderungen kein Abzug der Vorsteuer möglich ist. Daraus hat der BFH weiter abgeleitet, dass der Forderungserwerber auch aus den Kosten,
die ihm im Zusammenhang mit der Einziehung der erworbenen Forderungen entstehen, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
3. Vorlagebeschluss: Vorsteuer aus Strafverteidigerkosten
Mit Beschluss vom 22. Dezember 2011 V R 29/10 hat der BFH beim EuGH angefragt, ob ein Unternehmen, dessen Inhaber und Mitarbeiter sich zur Erlangung von Aufträgen
möglicherweise wegen Bestechung oder Vorteilsgewährung strafbar gemacht haben, aus den zur Abwehr dieser Vorwürfe angefallenen Strafverteidigungskosten zum Vorsteuerabzug
berechtigt ist. Der EuGH ist zuständig für die Auslegung des hier zu berücksichtigenden Unionsrechts. Für den Vorsteuerabzug spricht, dass die möglicherweise strafbaren
Handlungen dazu dienten, die steuerpflichtige Umsatztätigkeit des Unternehmens zu fördern. Dagegen könnte angeführt werden, dass die Leistungen der Strafverteidiger
unmittelbar nur den persönlichen Interessen der Beschuldigten dienten. Das Interesse des Unternehmens an der Straffreiheit seines Inhabers und seiner Mitarbeiter könnte dann
als nur mittelbarer Zusammenhang für den Vorsteuerabzug unbeachtlich sein. Geklärt werden soll auch, wer bei einer Beauftragung durch mehrere Auftraggeber (hier:
Beschuldigter und Unternehmen) zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Pressemitteilung zu
Urteil vom 9. Februar 2012 – V R 40/10
Urteil vom 26. Januar 2012 – V R 18/08
Beschluss vom 22. Dezember 2011 – V R 29/10