Die Bedeutung des grenzüberschreitenden Auskunftsverkehrs wächst: So wie die
deutsche Finanzverwaltung Mitteilungen über Sachumstände, die für eine
inländische Besteuerung von Bedeutung sein können, empfängt, informiert sie
selbst auch ausländische Staaten – sowohl innerhalb als auch außerhalb
Europas. Rechtsgrundlage für eine solche Amtshilfe (auch als sog.
Spontanauskunft ohne ein entsprechendes Auskunftsersuchen aus dem Ausland)
ist entweder das Doppelbesteuerungsabkommen oder – innerhalb Europas – das
„Gesetz zur Durchführung der EG-Richtlinie über die gegenseitige Amtshilfe im
Bereich der direkten Steuern und der Mehrwertsteuer„ (EGAHiG). Eine
Information außerhalb dieser Rechtsgrundlagen ist rechtswidrig; sie verletzt
das Steuergeheimnis.
In einem Beschluss vom 15. Februar 2006 I B 87/05 hat der Bundesfinanzhof
(BFH) gegen eine beabsichtigte Informationserteilung des Bundeszentralamts
für Steuern an den finnischen Fiskus vorläufigen Rechtsschutz durch Erlass
einer einstweiligen Anordnung gewährt. Die Antragstellerin, die einen Handel
mit Industrieausrüstungen betreibt, bediente sich zur Herstellung und
Abwicklung von Geschäftskontakten in Russland eines dort ansässigen
Unternehmens. Das russische Unternehmen wiederum hatte die Antragstellerin in
die Abwicklung seines Zahlungsverkehrs eingeschaltet. So war die
Antragstellerin über inländische Konten des russischen Unternehmens
verfügungsberechtigt. Auf eines dieser Konten gingen Gelder ein, die das
russische Unternehmen als Provisionsanspruch aus der Vermittlung von
Geschäften für ein finnisches Unternehmen erwirtschaftet hatte. Die
Antragstellerin folgte der Weisung des russischen Unternehmens, das Geld auf
ein Konto in der Schweiz weiterzuleiten. Das Bundeszentralamt für Steuern
beabsichtigte, dem finnischen Fiskus die Höhe der Provision und die
Weiterleitung des Geldes mitzuteilen.
Diese Mitteilung könne – so der BFH – nicht auf das EGAHiG gestützt werden;
denn tatsächliche Anhaltspunkte für die Vermutung, dass es in diesem
Zusammenhang gerade zu einer Verkürzung von finnischen Steuern gekommen sein
könnte, hätten nicht vorgelegen. Die Antragstellerin habe einen Anspruch
darauf, dass die Information (vorläufig) nicht erteilt werde, um der Gefahr
einer nicht mehr rückgängig zu machenden Verletzung des subjektiven Rechts
auf Wahrung des Steuergeheimnisses zu begegnen.