Nach § 15 Abs. 4 Satz 4 und § 20 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes
sind Verluste, die eine Kapitalgesellschaft aus einer stillen Beteiligung an
einer anderen Kapitalgesellschaft erzielt, nur mit späteren Gewinnen aus
derselben Beteiligung verrechenbar. Sie können also nicht mit anderen
Einkünften der Kapitalgesellschaft ausgeglichen werden. Diese Regelung wurde
im Jahr 2003 eingeführt und galt erstmals für in jenem Jahr erzielte
Verluste. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat es jedoch im Beschluss vom 3. Februar
2004 I B 208/04 für zweifelhaft erachtet, ob es verfassungsrechtlich haltbar
ist, sie auf Verluste aus vor 2003 eingegangenen Verpflichtungen
uneingeschränkt anzuwenden.
Im konkreten Fall ging es um eine GmbH, die sich im Jahr 2002 an einer AG
still beteiligt und dabei die Verpflichtung übernommen hatte, für Verluste
der AG bis zu einer bestimmten Höhe einzustehen. Im Jahr 2003 musste sie auf
Grund dieser Verpflichtung Zahlungen leisten. Nach der gesetzlichen Regelung
führten diese Zahlungen nicht zu abziehbaren Betriebsausgaben, sondern nur zu
einem mit späteren Beteiligungsgewinnen verrechenbaren Verlust. Der BFH hat
jedoch Zweifel daran, ob diese Rechtsfolge mit dem im Grundgesetz verankerten
Rechtsstaatsprinzip vereinbar ist. Denn die GmbH habe die stille Beteiligung
zu einem Zeitpunkt vereinbart, in dem mit der später eingeführten
Beschränkung des Verlustabzugs nicht zu rechnen war, und bei Bekanntwerden
des entsprechenden Gesetzesvorhabens habe sie sich ihrer Verpflichtung nicht
mehr entledigen können. Deshalb sei es möglicherweise verfassungsrechtlich
geboten, ihr in der Weise Vertrauensschutz zu gewähren, dass sie ihre
Aufwendungen noch nach dem früher geltenden Recht abziehen könne. Der BFH hat
deshalb die Vollziehung der einschlägigen Steuerbescheide ausgesetzt.