SG Koblenz: Bezieher von Existenzgründungszuschüssen grundsätzlich versicherungspflichtig in gesetzlicher Rentenversicherung

Auch Bezieher von Existenzgründungszuschüssen sind grundsätzlich versicherungspflichtig in der
gesetzlichen Rentenversicherung und müssen mindestens den Mindestbeitrag für selbständig Tätige
entrichten. Das gilt auch dann, wenn von der Arbeitsgemeinschaft (Arge) SGB II parallel
Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung gezahlt werden.

Der Kläger nahm im April 2003 eine selbständige Tätigkeit als Betreiber eines Imbisswagens
auf. Im Juli 2003 beantragte er bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) die Bewilligung eines
Existenzgründungszuschusses. Dieser wurde ihm ab 01.08.03 für die Dauer eines Jahres in Höhe
von 600,-€ monatlich bewilligt. Nach Ablauf des ersten Bewilligungszeitraumes erhielt er für
ein weiteres Jahr einen Existenzgründungszuschuss in Höhe von nunmehr 360,-€ monatlich. Beide
Male setzte die BA die Beklagte hiervon in Kenntnis.

Die Beklagte als zuständige Trägerin der gesetzlichen Rentenversicherung stellte fest, dass
der Kläger als Bezieher eines Existenzgründungszuschusses gemäß § 2 Satz 1 Nr. 10 SGB VI
grundsätzlich versicherungs- und beitragspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sei,
sah jedoch wegen der geringfügigen selbständigen Tätigkeit des Klägers einen
Befreiungstatbestand als gegeben an. Durch das Rentenversicherungsnachhaltigkeitsgesetz vom
21.07.04 wurde mit Wirkung vom 01.08.04 das SGB VI dahin geändert, dass Bezieher eines
Existenzgründungszuschusses von der Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit ausgenommen
wurden. Die Beklagte stellte daraufhin fest, dass der Kläger als Bezieher eines
Existenzgründungszuschusses ab 01.08.04 versicherungs- und beitragspflichtig in der
gesetzlichen Rentenversicherung sei. Sie setzte den vom Kläger zu entrichtenden Beitrag auf den
Mindestbeitrag für selbständig Tätige fest. Diese Entscheidung akzeptierte der Kläger. Seit dem
01.01.05 bezieht er von der Arge SBG II Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Diese umfassen auch die Zahlung von Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung. Der Kläger
macht nun geltend, er könne keine Beträge zur gesetzlichen Rentenversicherung aus seinem
Einkommen aus selbständiger Tätigkeit mehr erbringen, da er nur Verluste mache. Außerdem würden
von der Arge für ihn Pflichtbeiträge in die Rentenversicherung eingezahlt. Die Beklagte hält an
ihrer Beitragsforderung fest und verweist auf die zum 01.08.04 eingeführte gesetzliche Regelung.

Die 1. Kammer des Sozialgerichts Koblenz unter dem Vorsitz des Präsidenten des SG Hans-Dieter
Binz bestätigte die Entscheidung der Beklagten, dass der Kläger ab dem 01.08.04 bis zum Ende
des Bewilligungszeitraums des Existenzgründungszuschusses Pflichtbeiträge zur gesetzlichen
Rentenversicherung zahlen muss. Personen, die einen Existenzgründungszuschuss erhalten, gelten
als selbständig Tätige. Sie sind für die Dauer des Bezuges dieser Leistung in der gesetzlichen
Rentenversicherung pflichtversichert. Dies gilt auch dann, wenn sie nur eine geringfügige
selbständige Tätigkeit ausüben, also das Einkommen aus selbständiger Tätigkeit regelmäßig
400,-€ monatlich nicht übersteigt. Aus der Versicherungspflicht folgt die Beitragspflicht- so
das Gericht. Der Mindestbetrag ist so lange zu zahlen, wie die selbständige Tätigkeit ausgeübt
wird. Es kommt nicht darauf an, ob der Selbständige regelmäßig ein Erwerbseinkommen von bis zu
400,-€ bezieht oder ob er Verluste macht. Auch die Tatsache, dass die Arge SGB II für den Kläger ab Januar 2005 parallel hierzu Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zahlt, weil der Kläger Leistungen nach dem SGB II erhält, ist
ohne Bedeutung. Die Beitragspflicht für Existenzgründer knüpft allein an den Bezug des Existenzgründungszuschusses an. Sie ist gegenüber der Beitragspflicht für Bezieher von
Arbeitslosengeld nicht nachrangig. Sie ruht auch nicht.

Urteil vom 21.02.2006, Az: S 1 R 661/05