Entstellungen im Gesichtsbereich können ausnahmsweise trotz normaler körperlicher Funktion einen Anspruch auf ärztliche Behandlung auslösen. Zwar müssen normalerweise nur solche Behandlungen bezahlt werden, die dazu dienen, eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhindern oder Beschwerden zu lindern. Liegt nur eine optische Abweichung vom Normalzustand ohne Funktionsdefizit vor, sind diese Voraussetzungen grundsätzlich nicht erfüllt. Etwas anderes gilt aber ausnahmsweise dann, wenn jemand derart entstellt ist, dass er auf andere abstoßend wirkt.
Das Landessozialgericht hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Versicherter unter einer deutlichen Wangenatrophie litt. Seine Wangen waren extrem eingefallen, ohne dass hierdurch irgendwelche Funktionsbeeinträchtigungen hervorgerufen wurden. Abhilfe konnte durch eine Operation geschaffen werden, bei der die Wangen mit Fettgewebe aufgefüttert wurden. Die Krankenkasse weigerte sich jedoch, die Kosten für diese – aus Ihrer Sicht rein kosmetische – Operation zu übernehmen.
Anders noch als das Sozialgericht in Koblenz entschied das Landessozialgericht, dass die Operationskosten von der Krankenkasse übernommen werden müssen. Der einzelne Versicherte sei darauf angewiesen, dass er von seinen Mitmenschen geachtet und respektiert werde. Insbesondere bei Entstellungen im Gesichtsbereich könne ein Anspruch auf ärztliche Behandlung auch dann bestehen, wenn die normale körperliche Funktion nicht beeinträchtigt sei (Urteil vom 02.05.2002; Az.: L 5 KR 93/01).