BVerfG: Untersagung einer öffentlichen Unterschriftenaktion einer Polizeigewerkschaft in Polizeidienststellen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden

Die Beschwerdeführerin, eine Polizeigewerkschaft, veranstaltete in Nordrhein-Westfalen im Herbst 2002 eine landesweite Unterschriftenaktion. Mit einem Flugblatt warb sie
unter Hinweis auf mehr als sieben Millionen geleisteter Überstunden für die Einstellung von 5.000 neuen Polizeibediensteten. Sie legte Flugblätter und
Unterschriftenlisten auch im öffentlich zugänglichen Bereich von Polizeidienststellen aus. In der Folgezeit untersagte das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen
das Auslegen derartiger Listen in Polizeidienstgebäuden. Die hiergegen gerichtete Klage der Polizeigewerkschaft vor den Arbeitsgerichten war in allen Instanzen
erfolglos.

Die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerde der Polizeigewerkschaft nicht zur Entscheidung angenommen. Eine Verletzung des
Grundrechts der Koalitionsfreiheit (Art. 9 Abs. 3 GG) liegt nicht vor. Die Fachgerichte sind zu Recht davon ausgegangen, dass die staatliche Neutralität und das
öffentliche Vertrauen in die Objektivität und gemeinwohlorientierte Ausführung der Amtsgeschäfte beeinträchtigt werden können, wenn sich eine Gewerkschaft den ? hier
sogar räumlich zu verstehenden ? Bereich staatlicher Aufgabenerfüllung zur Durchsetzung ihrer politischen Forderungen zu Nutze zu machen versucht. Das staatliche Anliegen,
jeden Anschein einer Billigung oder Unterstützung interessengeleiteter Forderungen durch seine Bediensteten, Dienststellen und Behörden zu vermeiden, ist geeignet,
politisch motivierter Betätigung von Interessengruppen innerhalb von Dienstgebäuden auch im Schutzbereich des Art. 9 Abs. 3 GG Grenzen zu setzen.

Pressemitteilung Nr. 19/2007 vom 23. Februar 2007

Zum Beschluss vom 6. Februar 2007 ? 1 BvR 978/05 ?