BAG: Wechsel zu einer “Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft” als Umgehung der Rechtsfolgen eines Betriebsübergangs

Wechseln Arbeitnehmer durch einen dreiseitigen Vertrag vom Betriebsveräußerer zu
einer Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (B & Q), so ist diese Vereinbarung
unwirksam, wenn es für den Arbeitnehmer klar erschien, dass alsbald seine
Neueinstellung durch einen Betriebserwerber erfolgen werde.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Befristung. Über das Vermögen der
Arbeitgeberin des Klägers war 2007 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Der
Insolvenzverwalter führte das Unternehmen zunächst fort und versuchte es zu veräußern.
Im März 2008 hatte die spätere Betriebserwerberin einen Tarifvertrag mit der
IG Metall geschlossen, in dem sie sich verpflichtete, von den ca. 1.600 Arbeitnehmern
der Insolvenzschuldnerin nach dem Erwerb der Betriebsstätten über 1.100 unbefristet
und 400 befristet zu beschäftigen. Danach schloss sie mit dem Insolvenzverwalter
einen Kaufvertrag über die sächlichen Betriebsmittel. Im April 2008 vereinbarte
der Insolvenzverwalter mit Betriebsrat und Gewerkschaft einen Interessenausgleich
und Sozialplan zu einer „übertragenden Sanierung“. Dann wurde auf einer Betriebsversammlung
am 3. Mai 2008 den Arbeitnehmern das Formular eines dreiseitigen
Vertrags ausgehändigt, der das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zum
31. Mai 2008 und die Vereinbarung eines neuen Arbeitsverhältnisses ab dem 1. Juni
2008 00.00 Uhr mit der B & Q vorsah. Außerdem wurden auf derselben Betriebsversammlung
den Arbeitnehmern vier weitere von ihnen zu unterzeichnende Angebote
für ein neues Arbeitsverhältnis mit der Betriebserwerberin, beginnend am 1. Juni um
00.30 Uhr vorgelegt. Ein Angebot beinhaltete einen unbefristeten Arbeitsvertrag mit
der Betriebserwerberin, die anderen drei sahen unterschiedlich lang befristete Arbeitsverhältnisse
vor. Der Kläger unterzeichnete alle fünf Vertragsangebote. Die
Betriebserwerberin nahm am 30. Mai 2008 das Angebot des Klägers für ein auf
20 Monate befristetes Arbeitsverhältnis an. Ab 1. Juni 2008 arbeitete der Kläger für
diese und klagte im Juni 2009 auf Entfristung.
Die Klage hatte vor dem Landesarbeitsgericht und dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts
Erfolg. Die Beklagte kann sich auf die Unterbrechung des Arbeitsverhältnisses
durch den vom Kläger mit der B & Q geschlossenen Arbeitsvertrag, der
nur eine halbe Stunde bestand, nicht berufen. Nach den Umständen, unter denen
dieser Vertrag zustande kam, erschien es klar, dass er dem Zweck diente, die Kontinuität
des Arbeitsverhältnisses zu unterbrechen und die Rechtsfolgen des § 613a
BGB zu umgehen. Dass der Kläger nicht dauerhaft aus dem Betrieb ausscheiden
sollte, ergab sich für ihn sowohl aus den Rahmenvereinbarungen des Insolvenzverwalters
als auch daraus, dass er gleichzeitig mit der Unterzeichnung des B & QAngebotes
vier Angebote für ein neues Arbeitsverhältnis mit der Betriebserwerberin
abzugeben hatte.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25. Oktober 2012 – 8 AZR 572/11 –

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 25. Februar 2011 – 3 Sa 673/10 –