BAG: Unzureichende Trennung zwischen tarifgebundenen und nichttarifgebundenen Mitgliedern in der Satzung eines Arbeitgeberverbandes

Sieht ein Arbeitgeberverband eine Mitgliedschaft mit und eine Mitgliedschaft ohne
Tarifbindung vor, muss durch die Satzung gewährleistet sein, dass nicht tarifgebundene
Mitglieder keinen maßgebenden Einfluss auf tarifpolitische Entscheidungen
haben können. Dazu gehört auch, dass nur die tarifgebundenen Mitglieder über die
Verwendung des Arbeitskampffonds des Verbandes entscheiden können. Ist dies
nicht sicher gestellt, können keine Mitgliedschaften ohne Tarifbindung begründet
werden.
Die beklagte Arbeitgeberin war Mitglied in einem Arbeitgeberverband, der vorwiegend
Unternehmen der Metallindustrie organisiert. Der Verband sah seit einer 1999
vorgenommenen Umstrukturierung die Tarifgebundenheit nur noch für Mitglieder von
„Fachgruppen“ vor, die – obwohl dem Verband zugehörig – teilweise organisatorisch
selbständig waren. Der vom Verband gebildete „Unterstützungsfonds“ wird laut Satzung
vom Verbandsvorstand verwaltet, der von allen Mitgliedern gewählt wird. Die
beklagte Arbeitgeberin war nach langjähriger Tarifgebundenheit, zuletzt als Mitglied
der „Fachgruppe Metall“, zum 30. Juni 2005 aus dieser Fachgruppe ausgetreten und
in den Status eines „normalen“ Verbandsmitgliedes gewechselt. Der tarifgebundene
Kläger beansprucht Leistungen aus einem Tarifvertrag, die ihm nach übereinstimmender
Auffassung nur zustehen, wenn die Beklagte auch über den 30. Juni 2005
hinaus tarifgebundenes Verbandsmitglied geblieben ist.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen.
Die Revision des Klägers war erfolgreich. Die beklagte Arbeitgeberin ist
an den Tarifvertrag gebunden, weil ihr Austritt aus der „Fachgruppe Metall“ ihre Tarifgebundenheit
nicht beendet hat. Die Satzung des Arbeitgeberverbandes erlaubt
auch den Verbandsmitgliedern außerhalb der Fachgruppen einen maßgebenden Einfluss
auf die Verwendung des „Unterstützungsfonds“ des Verbandes und damit auf
tarifpolitische Entscheidungen, wie diejenige, ob und wie ein Arbeitskampf geführt
werden soll und kann. Es fehlt damit an dem erforderlichen Gleichlauf von Verantwortlichkeit
und Betroffenheit. Das führt bei der Organisationsstruktur dieses Arbeitgeberverbandes
dazu, dass die Beklagte an die von diesem oder seinen Fachgruppen
geschlossenen Tarifverträge nach § 3 Abs. 1 TVG gebunden geblieben ist.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. April 2009 – 4 AZR 111/08 –

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 26. November 2007 – 17 Sa
1298/07 –