Eine tarifvertragliche Klausel, in der eine Sonderleistung für Arbeitnehmer vereinbart ist, die
Mitglieder der tarifschließenden Gewerkschaft sind (sog. einfache Differenzierungsklausel),
verstößt nicht gegen höherrangiges Recht und ist wirksam (Bestätigung von BAG 18. März
2009 – 4 AZR 64/08 – BAGE 130, 43). Wird die Exklusivität dieses Anspruchs für Gewerkschaftsmitglieder
tariflich durch eine sog. Spannensicherungsklausel oder Abstandsklausel
abgesichert, wonach etwaige Kompensationsleistungen des Arbeitgeber an nicht oder anders
organisierte Arbeitnehmer jeweils zwingend und unmittelbar einen entsprechenden –
zusätzlichen – Zahlungsanspruch auch für Gewerkschaftsmitglieder begründen, so dass der
„Vorsprung“ der Gewerkschaftsmitglieder nicht ausgleichbar ist, überschreitet diese Klausel
die Tarifmacht der Koalitionen und ist unwirksam.
Im Jahre 2008 hatten die Parteien des Rechtsstreits, ein Unternehmen der Hafen-Logistik
und die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, einen Tarifvertrag über eine Erholungsbeihilfe
von jährlich 260,- Euro geschlossen. Nach dessen Ziff. I sollte diese Erholungsbeihilfe
an Mitglieder von ver.di gezahlt werden. Nach Ziff. V des Tarifvertrages sollten die ver.di-
Mitglieder im Falle einer Zahlung von „entsprechenden oder sonstigen Leistungen“ des
Arbeitgebers an Nichtgewerkschaftsmitglieder unmittelbar einen gleichhohen, zusätzlichen
Anspruch erhalten. Der Arbeitgeber hat auf Feststellung der Unwirksamkeit sowohl der einfachen
Differenzierungsklausel in Ziff. I des Tarifvertrages als auch der Spannensicherungsklausel
in Ziff. V des Tarifvertrages Klage erhoben.
Anders als das Arbeitsgericht, das die Klage vollständig abgewiesen hatte, hat das Bundesarbeitsgericht
auf die Sprungrevision des Arbeitgebers der Klage teilweise stattgegeben.
Zwar ist die in Ziff. I des Tarifvertrages geregelte einfache Differenzierungsklausel wirksam.
Der Tarifvertrag darf jedoch nicht, wie in Ziff. V vorgesehen, dem Arbeitgeber die arbeitsvertragliche
Gestaltungsmöglichkeit nehmen, die nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer
mit den Gewerkschaftsmitgliedern gleichzustellen. Der Tarifvertrag darf nur den Inhalt von
Arbeitsverhältnissen zwingend und unmittelbar regeln, die der Tarifmacht der Koalitionen
unterworfen sind. Hierzu gehören die Arbeitsverhältnisse der nicht oder anders organisierten
Arbeitnehmer nicht.
Pressemitteilung zum Urteil vom 23. März 2011 – 4 AZR 366/09 –
Vorinstanz: Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 26. Februar 2008 – 15 Ca 188/08 –