BAG: Teilkündigung eines Anerkennungstarifvertrages

Der Tarifvertrag ist regelmäßig nur als Ganzes kündbar. Zulässig ist die Teilkündigung des
Tarifvertrages, wenn sie darin ausdrücklich zugelassen ist. Ob ihre Zulässigkeit ohne eine
solche Bestimmung aus dem Regelungszusammenhang des Tarifvertrages begründbar ist,
hatte der Senat angesichts des klaren Wortlauts der Kündigungsregelung des streitbefangenen
Tarifvertrages nicht zu entscheiden.

Die keinem Arbeitgeberverband angehörende Beklagte schloss am 21. März 1997 mit der IG
Medien einen Firmentarifvertrag. Nach dessen § 1 finden durch Verweisung insgesamt 16
verschiedene Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung im Betrieb Anwendung, davon
zwölf Tarifverträge für Arbeitnehmer der Druckindustrie und vier Tarifverträge für Angestellte
in Zeitungsverlagen. §§ 2 und 3 des Firmentarifvertrages enthalten Regelungen über die
Absenkung der tariflichen Jahresleistung 1997 und 1998 und die Verpflichtung der Beklagten,
in dieser Zeit keine betriebsbedingten Kündigungen auszusprechen. Nach § 5 des Firmentarifvertrages
konnte dieser erstmals zum 31. März 1999 gekündigt werden. Mit Schreiben
vom 10. März 2003 kündigte die Beklagte gegenüber ver.di, der Rechtsnachfolgerin der
IG Medien, den Firmentarifvertrag „hinsichtlich des für den Bereich der kaufmännischen Angestellten
in Zeitungsverlagen„ geltenden Teils. Diese Kündigung betraf auch den Gehaltstarifvertrag
für Angestellte in Zeitungsverlagen. Deren Tarifgehälter wurden mit Wirkung vom
1. Oktober 2003 erhöht. Der seinerzeit bei der Beklagten beschäftigte unter diesen Tarifvertrag
fallende tarifgebundene Kläger beanspruchte diese Gehaltserhöhung. Die Beklagte verweigerte
sie wegen der von ihr erklärten Teilkündigung. Die Vorinstanzen haben die Klage
mit der Begründung abgewiesen, die Teilkündigung des Firmentarifvertrages sei wirksam.
Die Revision des Klägers hatte Erfolg. Der Wortlaut des § 5 des Firmentarifvertrages lässt
nur dessen Kündigung als Ganzes zu. Der Umstand, dass wesentliche Regelungen des Firmentarifvertrages
durch Zeitablauf seit dem 31. Dezember 1998 überholt sind, ändert daran
nichts. Denn die tarifliche Kündigungsregelung betrifft gerade und nur die nachfolgende Zeit.
In der denselben Betrieb betreffenden Beschlusssache – 4 ABR 8/05 – (Vorinstanz LAG
Rheinland-Pfalz – 2 TaBV 31/04 -) kam es für die Entscheidung nicht auf die Frage der Wirksamkeit
der Teilkündigung an.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 3. Mai 2006 – 4 AZR 795/05 –

Vorinstanz: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 9. Dezember 2004 – 11 Sa 679/04 –