BAG: Streikbegleitende “Flashmob-Aktion”

Eine gewerkschaftliche Aktion, bei der kurzfristig aufgerufene Teilnehmer durch den
Kauf geringwertiger Waren oder das Befüllen und Stehenlassen von Einkaufswagen
in einem Einzelhandelsgeschäft eine Störung betrieblicher Abläufe herbeiführen, ist
im Arbeitskampf nicht generell unzulässig. Allerdings greift eine derartige „Flashmob-
Aktion“ in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Arbeitgebers ein.
Ein solcher Eingriff kann aber aus Gründen des Arbeitskampfes gerechtfertigt sein.
Gewerkschaftliche Maßnahmen, die zur Durchsetzung tariflicher Ziele auf eine Störung
betrieblicher Abläufe gerichtet sind, unterfallen der durch Art. 9 Abs. 3 Grundgesetz
gewährleisteten Betätigungsfreiheit der Gewerkschaften. Zu dieser gehört die
Wahl der Arbeitskampfmittel. Deren Zulässigkeit richtet sich jedoch nach dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Arbeitskampfmittel sind rechtswidrig, wenn sie
zur Durchsetzung der erhobenen Forderungen offensichtlich ungeeignet oder nicht
erforderlich oder wenn sie unangemessen sind. Für die Beurteilung der Angemessenheit
einer gewerkschaftlichen Arbeitskampfmaßnahme ist von wesentlicher Bedeutung,
ob für die Arbeitgeberseite Verteidigungsmöglichkeiten bestehen. Gegenüber
einer „Flashmob-Aktion“ im Einzelhandel kann sich der Arbeitgeber durch die
Ausübung seines Hausrechts oder eine kurzfristige Betriebsschließung zur Wehr
setzen. Eine derartige Aktion ist typischerweise auch keine Betriebsblockade.
Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts wies daher, wie bereits die Vorinstanzen,
die Klage eines Arbeitgeberverbands ab, mit welcher der Gewerkschaft ver.di der
Aufruf zu „Flashmob-Aktionen“ im Einzelhandel untersagt werden sollte. Die Gewerkschaft
hatte im Rahmen eines Arbeitskampfes eine einstündige Aktion organisiert,
bei der ca. 40 Personen überraschend eine Einzelhandelsfiliale aufgesucht und
dort mit Waren vollgepackte Einkaufswagen zurückgelassen sowie durch den koordinierten
Kauf von „Pfennig-Artikeln“ Warteschlangen an den Kassen verursacht hatten.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. September 2009 – 1 AZR 972/08 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. September
2008 – 5 Sa 967/08 –