BAG: Schriftform für Auflösungsvertrag und Kündigung – Treu und Glauben

Nach § 623 BGB bedarf die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Auflösungsvertrag
oder durch Kündigung der Schriftform. Ein mündlich geschlossener Auflösungsvertrag ist
danach ebenso unwirksam wie eine mündlich erklärte Kündigung. Es verstößt in aller Regel
nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn sich derjenige, der in einem kontrovers
geführten Gespräch eine Kündigung ausgesprochen oder sich mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses
einverstanden erklärt hat, nachträglich darauf beruft, die Schriftform sei
nicht eingehalten. Der gesetzliche Formzwang soll die Parteien des Arbeitsvertrages vor
Übereilung bei Beendigungserklärungen bewahren (Warnfunktion) und dient außerdem der
Rechtssicherheit (Klarstellungs- und Beweisfunktion). Von ihm kann deshalb nur in seltenen
Ausnahmefällen abgewichen werden.

In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hatte die in einem Baustoffhandel angestellte
Klägerin am Morgen des ersten Arbeitstages nach Rückkehr aus dem Urlaub mit
der Geschäftsführerin der Beklagten eine von wechselseitigen Vorwürfen gekennzeichnete
Auseinandersetzung, nach deren Ende die Klägerin den Betrieb verließ. Die Beklagte hat
behauptet, die Klägerin habe, obwohl sie sich über die Folgen vollkommen im Klaren gewesen
sei, in vollem Ernst mündlich gekündigt oder es sei doch – ebenfalls mündlich – ein Auflösungsvertrag
geschlossen worden. Die Klägerin könne sich angesichts der Eindeutigkeit
und Ernsthaftigkeit ihrer Erklärungen nach Treu und Glauben nicht auf die fehlende Schriftform
berufen. Dem ist das Bundesarbeitsgericht, wie schon die Vorinstanzen, nicht gefolgt.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16. September 2004 – 2 AZR 659/03 –
Vorinstanz: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 28. Oktober 2003 – 5 Sa 754/03 –