BAG: Rückwirkende Inkraftsetzung des Hochschulbefristungsrechts verfassungsgemäß

Für den Abschluss von befristeten Arbeitsverträgen mit wissenschaftlichem und künstlerischem
Personal an den Hochschulen und Forschungseinrichtungen gelten die §§ 57 ff.
HRG. Im 5. Gesetz zur Änderung des HRG und anderer Gesetze vom 16. Februar 2002
(5. HRGÄndG) hatte der Gesetzgeber neben der Einführung der Juniorprofessur auch das
Zeitvertragsrecht des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals grundlegend neu
geregelt. Das Bundesverfassungsgericht erklärte im Urteil vom 27. Juli 2004 die Vorschriften
des 5. HRGÄndG insgesamt für nichtig. Den Befristungsabreden in den nach dem 23. Februar
2002 geschlossenen Verträgen war damit die Rechtsgrundlage des HRG entzogen.
Darauf reagierte der Gesetzgeber mit dem Gesetz zur Änderung dienst- und arbeitsrechtlicher
Vorschriften im Hochschulbereich vom 27. Dezember 2004 (HdaVÄndG). Danach sind
ua. die bereits im 5. HRGÄndG enthaltenen befristungsrechtlichen Vorschriften auf Arbeitsverträge
anzuwenden, die seit dem 23. Februar 2002 bis zum 27. Juli 2004 abgeschlossen
wurden. Die hierin liegende Rückwirkung ist verfassungsgemäß. Das hat der Siebte Senat
des Bundesarbeitsgerichts entschieden.

Der Kläger ist Privatdozent für das Fach Mathematik und seit dem 1. April 1997 als wissenschaftlicher
Mitarbeiter aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverträge beim beklagten Land
beschäftigt. Der letzte befristete Vertrag wurde am 5. Februar 2003 für die Zeit vom 1. April
2003 bis zum 31. März 2004 geschlossen. Die Vorinstanzen haben die hiergegen gerichtete
Befristungskontrollklage abgewiesen.

Die Revision des Klägers blieb vor dem Siebten Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolglos.
Der Bundesgesetzgeber hat nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG die Gesetzgebungskompetenz
für das Befristungsrecht des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an Hochschulen
und Forschungseinrichtungen. Die bundeseinheitliche Regelung ist zur Wahrung der
Wirtschaftseinheit erforderlich (Art. 72 Abs. 2 GG). Die rückwirkende Inkraftsetzung der §§
57a – e HRG ist mit den sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Grundsätzen vereinbar.
Das HdaVÄndG stellt nur die Rechtslage wieder her, von der beide Vertragsparteien
beim Abschluss der Befristungsabrede im Jahr 2003 ausgehen mussten. Zum damaligen
Zeitpunkt bestanden keine Anhaltspunkte dafür, dass die §§ 57a ff. HRG im Zusammenhang
mit der Entscheidung über die Juniorprofessur für nichtig erklärt werden würden. Das Vertrauen
des Klägers in den Fortbestand der für ihn später als günstig erkannten Rechtslage
war nicht schutzwürdig. Er musste angesichts der durch die Feststellung der Nichtigkeit entstandenen
Regelungslücke mit einer rückwirkenden Normsetzung rechnen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. Juni 2006 – 7 AZR 234/05 –

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. Februar 2005 – 1 Sa 777/04 –