Im Vergütungssystem des BAT waren familienstands- und kinderbezogene Entgeltbestandteile
vorgesehen. Alleinerziehende erhielten sowohl den familienstandsbezogenen
Ortszuschlag der Stufe 2 als auch den kinderbezogenen Ortszuschlag der
Stufe 3, wenn sie ihr Kind in ihre Wohnung aufgenommen hatten, ihm Unterhalt gewährten
und Kindergeld für dieses Kind bezogen. Leistete das Kind Grundwehr- oder
Zivildienst, entfiel für diese Zeit der Anspruch auf solche Entgeltbestandteile. Alleinerziehende
Angestellte, deren Söhne im für die Überleitung in den Tarifvertrag für
den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) maßgeblichen Monat Oktober 2006
Grundwehr- oder Zivildienst leisteten, wurden darum gemäß § 5 Abs. 2 des Tarifvertrags
zur Überleitung der Beschäftigten der Länder in den TV-L und zur Regelung
des Übergangsrechts (TVÜ-Länder) mit dem Ortszuschlag der Stufe 1 in das neue
Vergütungssystem übergeleitet. Nach Beendigung des Grundwehr- oder Zivildienstes
wurde bei Wiederaufleben des Kindergeldanspruchs zwar der kinderbezogene
Entgeltbestandteil von rund 90,00 Euro brutto als Besitzstandszulage gezahlt.
Der familienstandsbezogene Vergütungsbestandteil von rund 100,00 Euro
brutto monatlich entfiel jedoch dauerhaft, weil § 5 TVÜ-Länder keine Neuberechnung
des Vergleichsentgelts bei Änderungen, die nach dem bisherigen Tarifrecht zu einem
höheren oder niedrigeren Ortszuschlag geführt hätten, vorsieht. Die damit verbundene
Benachteiligung von alleinerziehenden Elternteilen von grundwehr- oder
zivildienstleistenden Söhnen verstößt gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Der Kläger ist als Angestellter beim beklagten Land beschäftigt. Er erzog seinen am
5. Januar 1987 geborenen Sohn allein, der vom 1. April bis zum 31. Dezember 2006
seinen Grundwehrdienst ableistete und danach ein Studium begann. Der Kläger begehrt
die Neuberechnung des Vergleichsentgelts unter Berücksichtigung des Ortszuschlags
der Stufe 2 mit Wirkung zum 1. Januar 2007 und die Zahlung der sich
daraus ergebenden Entgeltdifferenz.
Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte
vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts Erfolg. Die tarifliche Regelung
benachteiligt alleinerziehende Angestellte, deren Söhne im für die Berechnung des
Vergleichsentgelts maßgeblichen Monat Oktober 2006 der in Art. 12a GG geregelten
allgemeinen staatsbürgerlichen Pflicht zum Wehr- oder Ersatzdienst nachkamen,
gegenüber alleinerziehenden Elternteilen von Töchtern sowie von Söhnen, die nicht wehrtauglich waren oder tatsächlich nicht zum Wehrdienst bzw. Zivildienst herangezogen
wurden. Diese Benachteiligung ist sachlich nicht zu rechtfertigen. Deshalb
muss für alleinerziehende Angestellte, deren Söhne im Oktober 2006 Grundwehroder
Zivildienst leisteten, das Vergleichsentgelt für die Zeit ab Beendigung dieses
Dienstes neu berechnet werden, wenn ohne den Grundwehr- oder Zivildienst im
Oktober 2006 noch die tariflichen Voraussetzungen für den Ortszuschlag der Stufe 2
erfüllt gewesen wären. Der Senat hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung
an das Berufungsgericht zurückverwiesen, um diese Voraussetzung zu
klären.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. April 2010 – 6 AZR 966/08 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. August 2008 – 5 Sa
702/07 –