BAG: Nachträgliche Zulassung einer Kündigungsschutzklage – Zurechnung des Anwaltsverschuldens

Will sich ein Arbeitnehmer gegen die Wirksamkeit einer Kündigung seines Arbeitsverhältnisses
wenden, muss er nach § 4 KSchG innerhalb einer Frist von drei Wochen
nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung
erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst
worden ist. War er trotz Anwendung aller ihm nach Lage der Umstände zuzumutenden
Sorgfalt verhindert, die Klage rechtzeitig beim Arbeitsgericht zu erheben, so ist
die Klage nach § 5 Abs. 1 KSchG auf seinen, innerhalb von zwei Wochen nach Behebung
des Hindernisses zu stellenden Antrag hin nachträglich zuzulassen. Hat der
Arbeitnehmer allerdings die Klage verschuldet verspätet erhoben, so gilt die Kündigung
als von Anfang an rechtswirksam. Ein Verschulden seines Prozessbevollmächtigten
an einer verspäteten Klageerhebung steht dabei einer verschuldeten Fristversäumnis
des Arbeitnehmers in Anwendung des § 85 Abs. 2 ZPO gleich. Dies hat
nunmehr der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts entschieden.
Die Beklagte kündigte das seit mehreren Jahren mit der Klägerin bestehende Arbeitsverhältnis
mit Schreiben vom 25. September 2007, der Klägerin am
26. September 2007 zugegangen, zum 31. Oktober 2007. Am 28. September beauftragte
die Klägerin Rechtsanwalt K. mit der Erhebung einer Kündigungsschutzklage.
Als sie sich Anfang November 2007 bei Rechtsanwalt K. über den weiteren Verlauf
der Klage erkundigte, offenbarte er ihr, dass er eine fristgerechte Klageerhebung
versäumt habe. Der von der Klägerin sodann mandatierte neue Prozessbevollmächtigte
Rechtsanwalt L. hat am 20. November 2007 Kündigungsschutzklage erhoben
und die nachträgliche Zulassung der Klage mit der Begründung begehrt, die Klägerin
müsse sich ein Verschulden des Rechtsanwalts K. an der versäumten Klageerhebungsfrist
nicht zurechnen lassen. Die Beklagte vertritt hingegen die Auffassung, der
Klägerin sei das Anwaltsverschulden ihres Prozessbevollmächtigten nach den allgemeinen
zivilprozessualen Regelungen zuzurechnen.
Die Vorinstanzen haben den Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage
zurückgewiesen. Die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision
hatte vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Die Klägerin
hat die dreiwöchige Klagefrist nach § 4 Satz 1 KSchG nicht unverschuldet versäumt.
Ihr ist das Versäumnis ihres ersten Prozessbevollmächtigten zuzurechnen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 11. Dezember 2008 – 2 AZR 472/08 –

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Kammern Mannheim), Urteil
vom 7. Mai 2008 – 12 Sa 62/08 –