BAG: Kündigung; Zugangsvereitelung

Besteht das Arbeitsverhältnis eines schwerbehinderten Arbeitnehmers bei Zugang der Kündigung
ohne Unterbrechung noch nicht länger als sechs Monate, so bedarf die Kündigung
nicht der Zustimmung des Integrationsamtes (§ 90 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX) und ist nicht auf ihre
soziale Rechtfertigung zu überprüfen (§ 1 Abs. 1 KSchG). Einem Zugang der Kündigung in
den ersten sechs Monaten steht es gleich, wenn der Arbeitnehmer den Zugang vor Ablauf
von sechs Monaten treuwidrig vereitelt hat. Der Empfänger einer Kündigung kann sich nach
Treu und Glauben nicht auf den verspäteten Zugang der Kündigung berufen, wenn er die
Zugangsverzögerung selbst zu vertreten hat. Er muss sich dann so behandeln lassen, als
habe der Kündigende die entsprechenden Fristen gewahrt. Dies gilt allerdings nur dann,
wenn der Kündigende alles Erforderliche und ihm Zumutbare getan hat, damit seine Kündigung
den Adressaten erreichen konnte.

Die Voraussetzungen einer treuwidrigen Zugangsvereitelung hat das Bundesarbeitsgericht in
dem zu entscheidenden Fall bejaht. Dem Arbeitgeber war während der gesamten Dauer des
Arbeitsverhältnisses die richtige Anschrift des Arbeitnehmers nicht bekannt. Der Arbeitnehmer
hatte vielmehr, nachdem er von der Absicht, ihm zu kündigen, erfahren hatte, dem Arbeitgeber
erneut als seine Anschrift eine Wohnung angegeben, aus der er schon vor Beginn
des Arbeitsverhältnisses ausgezogen war und unter der die Zustellung des Kündigungsschreibens
erfolglos blieb.

BAG, Urteil vom 25. September 2005 – 2 AZR 366/04 –
Vorinstanz: LAG München, Urteil vom 3. Februar 2004 – 6 Sa 947/03 –