BAG: Kündigung wegen mehrjähriger Freiheitsstrafe

Die Verbüßung einer mehrjährigen Freiheitsstrafe ist grundsätzlich geeignet, die ordentliche
Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen. Haben die der strafgerichtlichen
Verurteilung zugrunde liegenden Taten keinen Bezug zum Arbeitsverhältnis,
kommt regelmäßig nur eine personenbedingte Kündigung in Betracht. Sowohl
bei den Anforderungen an den Kündigungsgrund als auch bei der einzelfallbezogenen
Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer seine
Leistungsunmöglichkeit und die damit einhergehende Störung des Arbeitsverhältnisses
selbst zu vertreten hat. Dem Arbeitgeber sind deshalb zur Überbrückung der
Fehlzeit typischerweise geringere Anstrengungen und Belastungen zuzumuten als
bei einer Verhinderung des Arbeitnehmers etwa wegen Krankheit. Zudem ist auf die
voraussichtliche Dauer der Leistungsunmöglichkeit Bedacht zu nehmen. Jedenfalls
dann, wenn gegen den Arbeitnehmer rechtskräftig eine Freiheitsstrafe von mehr als
zwei Jahren verhängt worden ist, kann der Arbeitgeber den Arbeitsplatz in der Regel
dauerhaft neu besetzen.

In Anwendung dieser Grundsätze hat der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts
– anders als die Vorinstanz – die Kündigungsschutzklage eines Arbeitnehmers abgewiesen.
Der Kläger war bei der Beklagten seit 1992 als Industriemechaniker beschäftigt.
Im November 2006 wurde er in Untersuchungshaft genommen. Im Mai 2007
wurde er – bei fortbestehender Inhaftierung – zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren
und sieben Monaten verurteilt. Gleichzeitig wurde die zur Bewährung erfolgte Aussetzung
einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten widerrufen. Laut
Vollzugsplan war die Möglichkeit eines offenen Vollzugs zunächst nicht vorgesehen.
Eine dahingehende Prüfung sollte erstmals im Dezember 2008 erfolgen. Die Beklagte
besetzte den Arbeitsplatz des Klägers dauerhaft mit einem anderen Arbeitnehmer
und kündigte das Arbeitsverhältnis im Februar 2008 ordentlich.

Die Kündigung ist aus einem in der Person des Klägers liegenden Grund gerechtfertigt.
Der Beklagten war es unter Berücksichtigung der Dauer der Freiheitsstrafe nicht
zumutbar, an dem Arbeitsverhältnis festzuhalten.

Pressemitteilung zum Urteil vom 24. März 2011 – 2 AZR 790/09 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 27. Mai 2009 – 2 Sa
1261/08 –