BAG: Keine Zeitgutschrift bei Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter während der Gleitzeit

§ 29 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) verpflichtet die Arbeitgeber
des öffentlichen Dienstes im Zuständigkeitsbereich der Vereinigung Kommunaler
Arbeitgeberverbände (VKA) nicht dazu, Arbeitnehmern, die ihr Amt als ehrenamtliche
Richter zu einer Zeit ausüben, in der sie nach einem für das Arbeitsverhältnis geltenden
flexiblen Arbeitszeitmodell Gleitzeit in Anspruch nehmen können, eine Zeitgutschrift
zu gewähren. Eine solche Gutschrift hat nur für die in die Kernarbeitszeit fallende
Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter zu erfolgen. Diese tarifliche Bestimmung
steht im Einklang mit § 616 BGB und verletzt weder das in §§ 26 ArbGG, 45 Abs. 1a
DRiG geregelte Benachteiligungsverbot für ehrenamtliche Richter noch – bei Teilzeitarbeit
– das Verbot der Diskriminierung teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer gem. § 4
Abs. 1 TzBfG.
Die Klägerin nahm am 1. Juni 2006, einem Donnerstag, ihr Amt als ehrenamtliche
Richterin beim Landesarbeitsgericht von 8.30 bis 15.00 Uhr wahr. Die Fahrzeit von
ihrem Wohnort zum Gericht und zurück war 30 Minuten länger als zu ihrer Arbeitsstelle
bei dem beklagten Landkreis, bei dem sie mit einer Arbeitszeit von
35 Stunden/Woche in Teilzeit beschäftigt ist. Für Donnerstag hatten die Parteien jeweils
eine Normalarbeitszeit von 07.30 Uhr bis 15.30 Uhr und eine Kernarbeitszeit
von 4 Stunden zwischen 9.00 Uhr und 14.00 Uhr vereinbart. Der Landkreis hat der
Klägerin für den 1. Juni 2006 auf deren Arbeitszeitkonto vier Stunden gutgeschrieben.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin eine Gutschrift von drei weiteren Arbeitsstunden
auf ihrem Arbeitszeitkonto verlangt.
Der Senat hat – anders als die Vorinstanzen – die Klage abgewiesen. Die Tarifvertragsparteien
des öffentlichen Dienstes dürfen von Arbeitnehmern, denen ein Arbeitszeitmodell
Zeitsouveränität einräumt, ohne Verstoß gegen das gesetzliche Benachteiligungsverbot
verlangen, staatsbürgerliche Pflichten und damit auch eine Tätigkeit
als ehrenamtlicher Richter soweit wie möglich außerhalb der Arbeitszeit wahrzunehmen.
Dafür müssen diese Arbeitnehmer auch Gleitzeit in Anspruch nehmen,
ohne von ihrem Arbeitgeber einen Stundenausgleich zu erhalten. Es ist in erster Linie
Aufgabe des Staates, den ehrenamtlichen Richtern eine angemessene, ihre Unabhängigkeit
sichernde Entschädigung zu gewähren.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22. Januar 2009 – 6AZR 78/08 –

Vorinstanz: LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 6. September 2007 – 26 Sa 577/07 –