Gewährt ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern nach von ihm gesetzten allgemeinen Regeln
eine Weihnachtsgratifikation als freiwillige Leistung, ist er an den arbeitsrechtlichen Grundsatz
der Gleichbehandlung gebunden. Dieser Grundsatz ist nicht nur bei einer willkürlichen
Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer verletzt. Bildet der Arbeitgeber Gruppen von begünstigten
und benachteiligten Arbeitnehmern, verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz
auch eine sachfremde Gruppenbildung. Die Gruppenbildung entspricht sachlichen Kriterien,
wenn sich der Grund für die Differenzierung aus dem Leistungszweck ergibt. Zahlt der Arbeitgeber
den Angestellten einen höheren Anteil ihrer Monatsvergütung als Weihnachtsgratifikation
als den Arbeitern, entspricht die Schlechterstellung der Gruppe der Arbeiter gegenüber
der Gruppe der Angestellten deshalb sachlichen Kriterien, wenn der Arbeitgeber die
Angestellten aus sachlichen Gründen stärker an sein Unternehmen binden will.
Auf Zahlung von Weihnachtsgratifikation in Höhe seines Monatsverdienstes geklagt hatte ein
Arbeiter einer Leichtmetallgießerei. Der nicht tarifgebundene Arbeitgeber hatte den ca. 70
Angestellten im Jahr 2002 eine Weihnachtsgratifikation in Höhe eines vollen Monatsgehalts
gezahlt, während die ca. 150 Arbeiter nur 55 % ihres Monatsverdienstes als Weihnachtsgratifikation
erhielten.
Die Klage hatte im Gegensatz zu den Vorinstanzen vor dem Zehnten Senat des Bundesarbeitsgerichts
Erfolg. Das von der Beklagten behauptete unterschiedliche Ausbildungs- und
Qualifikationsniveau zwischen Arbeitern und Angestellten war nach dem Leistungszweck der
Weihnachtsgratifikation kein sachlicher Grund für die Differenzierung. Dass Angestellte mit
den bei der Beklagten benötigten Kenntnissen und Fähigkeiten im Gegensatz zu Arbeitern
auf dem Arbeitsmarkt nicht oder nur schwer zu finden sind und in der Regel eine längere
interne Ausbildung durchlaufen müssen, hatte die Beklagte nicht dargetan. Sie stützte die
den Angestellten gewährte höhere Weihnachtsgratifikation damit nicht auf sachliche Kriterien.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. Oktober 2005 – 10 AZR 640/04 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 1. Dezember 2004 – 4 Sa 114/04 –