Eine tarifzuständige Gewerkschaft darf sich an Arbeitnehmer über deren betriebliche
E-Mail-Adressen mit Werbung und Informationen wenden. Dies gilt auch, wenn der
Arbeitgeber den Gebrauch der E-Mail-Adressen zu privaten Zwecken untersagt hat.
Die Entscheidung einer Gewerkschaft, Arbeitnehmer auf diesem Weg anzusprechen,
ist Teil ihrer durch Art. 9 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Betätigungsfreiheit. Soweit
dabei Grundrechte des Arbeitgebers berührt werden, sind die kollidierenden Rechtspositionen
gegeneinander abzuwägen. Das durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Eigentumsrecht
des Arbeitgebers und sein von Art. 2 Abs. 1 GG erfasstes Recht am
eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb haben gegenüber der gewerkschaftlichen
Betätigungsfreiheit zurückzutreten, solange der E-Mail-Versand nicht zu nennenswerten
Betriebsablaufstörungen oder spürbaren, der Gewerkschaft zuzurechnenden
wirtschaftlichen Belastungen führt. Auf Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer
kann sich der Arbeitgeber im Rahmen eines deliktischen Unterlassungsanspruchs
gegenüber der Gewerkschaft nicht berufen.
Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts wies deshalb – anders als die Vorinstanzen
– die Klage eines Dienstleistungsunternehmens auf dem Gebiet der Informationstechnologie
ab, mit der dieses der Gewerkschaft ver.di die Versendung von EMails
an die betrieblichen E-Mail-Adressen seiner Mitarbeiter untersagen lassen wollte.
Störungen des Betriebsablaufs oder messbare wirtschaftliche Nachteile hatte die
Arbeitgeberin nicht vorgetragen.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Januar 2009 – 1 AZR 515/08 –
Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 30. April 2008 – 18 Sa
1724/07 –