BAG: Geschlechtsbezogene Benachteiligung bei tariflichem Vorruhestand

Tarifvertragliche Regelungen, die Frauen wegen ihres Geschlechts benachteiligen,
sind gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Eine solche Benachteiligung kann vorliegen,
wenn ein Versorgungsverhältnis nach einer tarifvertraglichen Vorschrift zu dem Zeitpunkt
endet, zu dem der Versorgungsempfänger vorzeitig Altersrente in Anspruch
nehmen kann. Denn das gesetzliche Rentenrecht regelt die Möglichkeit, vorzeitige
Altersrente zu beziehen, für Männer und Frauen unterschiedlich. Während Frauen
bestimmter Geburtsjahrgänge gemäß § 237a Abs. 1 SGB VI nach Vollendung des
60. Lebensjahres vorzeitige Altersrente beanspruchen können, besteht diese Möglichkeit
für Männer erst nach Vollendung des 63. Lebensjahres. Die Tarifvertragsparteien
können diesen Nachteil beseitigen, indem sie für die kürzere Bezugsdauer
einen finanziellen Ausgleich schaffen.
Die 1946 geborene Klägerin schied 2005 aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten
aus. Nach einem in dem Unternehmen der Beklagten bestehenden Tarifvertrag
bezog die Klägerin im unmittelbaren Anschluss an das Arbeitsverhältnis ein Jahr lang
Versorgungsleistungen in Form von Übergangsgeld. Nach den tarifvertraglichen Regelungen
sollte das Versorgungsverhältnis zu dem Zeitpunkt enden, zu dem der
Empfänger von Übergangsgeld vorzeitige Altersrente in Anspruch nehmen konnte.
Dies war bei der Klägerin 2006, als sie das 60. Lebensjahres vollendete, der Fall. Die
Klägerin verlangt, wie männliche Versorgungsempfänger behandelt zu werden, die
das Übergangsgeld bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres erhalten. Während das
Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hat, hat das Landesarbeitsgericht der Klage
stattgegeben.
Der Neunte Senat hat die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und
die Sache zurückverwiesen. Die Anknüpfung an das gesetzliche Rentenversicherungsrecht
kann, wovon das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgegangen ist, für sich
genommen die unterschiedliche Behandlung von Männern und Frauen nicht rechtfertigen.
Das Landesarbeitsgericht wird zu prüfen haben, ob die tariflichen Leistungen
geeignet sind, den Nachteil des kürzeren Bezugszeitraums auszugleichen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. Februar 2011 – 9 AZR 584/09 –
Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Mai 2009 – 2/8 Sa
1649/07 –