BAG: Fristlose Kündigung wegen privater Nutzung des Internets während der Arbeitszeit

Auch wenn der Arbeitgeber die Privatnutzung nicht ausdrücklich verboten hat, verletzt der
Arbeitnehmer mit einer intensiven zeitlichen Nutzung des Internets während der Arbeitszeit
zu privaten Zwecken seine arbeitsvertraglichen Pflichten. Das gilt insbesondere dann, wenn
der Arbeitnehmer auf Internetseiten mit pornographischem Inhalt zugreift. Diese Pflichtverletzung
kann ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung des Arbeitsverhältnisses sein. Ob
die Kündigung in einem solchen Fall im Ergebnis wirksam ist, ist auf Grund einer Gesamtabwägung
der Umstände des Einzelfalls festzustellen.

Der Kläger war seit 1985 bei der Beklagten als Schichtführer mit Aufsichtsfunktionen in einer
Chemischen Fabrik beschäftigt. Er arbeitete in Wechselschicht mit einer Pausenzeit von einer
Stunde je 12-Stunden-Schicht. Im Jahre 2002 schaltete die Beklagte den Zugang zum
Internet für den Betrieb frei. Nachdem der Betriebsleiter einen erheblichen Anstieg der Internetkosten
bemerkt hatte, stellte der werkseigene Ermittlungsdienst fest, dass in der Zeit von
September bis November 2002 von den Schichtführerzimmern aus auf Internetseiten ua. mit
pornographischem Inhalt zugegriffen worden war. Die Beklagte hat dem Kläger eine private
Nutzung des Internets in dem genannten Zeitraum von insgesamt 18 Stunden einschließlich
5 Stunden für ein „Surfen„ auf pornographischen Seiten vorgeworfen. Mit Schreiben vom
20. Dezember 2002 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers außerordentlich,
hilfsweise ordentlich zum 31. März 2003. Der Kläger hat Zugriffe auf das Internet – auch
während der Arbeitszeit – eingeräumt und geltend gemacht, er habe das Internet höchstens
für ca. 5 – 5,5 Stunden privat genutzt. Davon habe er allenfalls 55 – 70 Minuten Seiten mit
pornographischem Inhalt aufgerufen. Von dem Verbot der Beklagten, auf Internetseiten mit
pornographischem Inhalt zuzugreifen und entsprechenden Warnhinweisen habe er keine
Kenntnis gehabt.

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben.

Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Der Zweite Senat des Bundesarbeitsgerichts hat die
Entscheidung des Landesarbeitsgerichts aufgehoben und den Rechtsstreit an das Berufungsgericht
zurückverwiesen. Das Landesarbeitsgericht wird aufzuklären haben, in welchem
zeitlichen Umfang der Kläger seine Arbeitsleistung durch das Surfen im Internet zu privaten Zwecken nicht erbracht und dabei seine Aufsichtspflicht verletzt hat, welche Kosten
dem Arbeitgeber durch die private Internetnutzung entstanden sind und ob durch das Aufrufen
der pornographischen Seiten der Arbeitgeber einen Imageverlust erlitten haben könnte.
Sodann ist je nach dem Gewicht der näher zu konkretisierenden Pflichtverletzungen gegebenenfalls
zu prüfen, ob es vor Ausspruch der Kündigung einer Abmahnung bedurft hätte
und ob unter Berücksichtigung der langen Beschäftigungsdauer des Klägers und des unter
Umständen nicht klaren Verbots der Internetnutzung zu privaten Zwecken eine Beendigung
des Arbeitsverhältnisses unverhältnismäßig ist.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 7. Juli 2005 – 2 AZR 581/04 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. Juli 2004 – 7 Sa 1243/03 –