BAG: Einheitliches Arbeitsentgelt in Berlin

Der Kläger ist seit 1992 als Kraftfahrer bei der Beklagten, einer Anstalt des öffentlichen
Rechts, im Tarifrechtskreis Ost beschäftigt. Sein tariflicher Vergütungsanspruch belief sich
seit Januar 2002 auf 90 %, seit Januar 2003 auf 91 % der „Westvergütung„. Bereits seit dem
1. Oktober 1996 erhielt er die gleiche Vergütung wie die Arbeitnehmer im Tarifgebiet West.
Dem lag das Berliner Einkommensangleichungsgesetz von 1994 zu Grunde. Danach wurde
im Tarifrechtskreis Ost „durch die Feststellung des Haushaltsplans von Berlin … die Bezahlungsquote
für die Bezüge der Arbeitnehmer … im öffentlichen Dienst des Landes Berlin und
der landesunmittelbaren Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts„
durch zusätzliche Zahlungen zunächst stufenweise, ab dem 1. Oktober 1996 auf 100 % der
Vergütung des Tarifrechtskreises West angehoben. Seit dem 1. Juli 2002 sieht das Einkommensangleichungsgesetz
eine Kürzung der zusätzlichen Zahlung im Umfang von 1,41 % der
Gesamtvergütung vor. Dem liegt zu Grunde, dass die Arbeitnehmer des Tarifrechtskreises
West im Gegensatz zu denen des Tarifrechtskreises Ost zu einem Eigenbeitrag in gleicher
Höhe für ihre zusätzliche Altersversorgung herangezogen werden. Demgegenüber wird die
– erst 1997 eingeführte – Zusatzversorgung der Arbeitnehmer des Tarifrechtskreises Ost
ausschließlich durch Umlagen der Arbeitgeber finanziert.

Der Kläger will die Kürzung in Höhe von 1,41 % ab dem 1. Juli 2002 nicht hinnehmen. Er
beruft sich auf eine stillschweigende vertragliche Zusage bzw. betriebliche Übung, dass ihm
auch künftig 100 % der Westvergütung gezahlt werde. Sein Vertrauen beruhe auf der langjährigen
vorbehaltlosen Zahlung. Das Gesetz regele die Vergütung nicht selbst und könne
dies auch nicht tun.

Das Bundesarbeitsgericht hat die auf Feststellung der vollen Zahlungspflicht (100 %) gerichtete
Klage abgewiesen. Im Gegensatz zu den Vorinstanzen hat es angenommen, der
Kläger habe nicht darauf vertrauen können, dass ihm unabhängig von der zu Grunde liegenden
gesetzlichen Regelung auf Dauer 100 % der Westvergütung gezahlt werde. Ein derartiger
Wille des Arbeitgebers lässt sich aus der vorbehaltlosen Zahlung nicht entnehmen. Vielmehr
hätte der Kläger erkennen müssen, dass die Beklagte nur die Vorgaben des Angleichungsgesetzes
umsetzen wollte. Das gilt unabhängig davon, ob das Gesetz die zusätzliche
Zahlung nur ermöglicht oder zwingend vorschreibt. Die begünstigten Arbeitnehmer mussten
stets damit rechnen, dass der Zahlung eine gesetzliche Regelung zu Grunde lag, die geändert
werden konnte. Im Ergebnis fließt den Arbeitnehmern beider Tarifrechtskreise die gleiche
Vergütung zu.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29. September 2004 – 5 AZR 528/03 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin, Urteil vom 9. Juli 2003 – 9 Sa 671/03 –