BAG: Dynamische Verweisung auf Tarifvertrag zulässig

Bei Fehlen einer Tarifbindung des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers kommen nicht für
allgemeinverbindlich erklärte Tarifverträge regelmäßig nicht unmittelbar auf das Arbeitsverhältnis
zur Anwendung. Arbeitsverträge verweisen freilich häufig auf den Inhalt von Tarifverträgen.
Das ist zulässig. Ob die Arbeitsvertragsparteien eine statische Verweisung allein auf
das bei Vertragsabschluss geltende Tarifrecht oder eine dynamische Verweisung auf das
jeweils geltende Tarifrecht vereinbart haben, ist durch Auslegung zu ermitteln. Bei der Auslegung
von Formulararbeitsverträgen gehen Zweifel zu Lasten des Arbeitgebers.
Nach diesen Grundsätzen hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts den 1997 zwischen
einer Krankenschwester und einem privaten Seniorenwohnstift abgeschlossenen
Formulararbeitsvertrag ausgelegt. Hier hieß es:

“Der Arbeitnehmer erhält folgende Vergütung:

Vergütungsgruppe/-Stufe KR II/3 = DM 2.157,71

Ortszuschlag = DM 1.540,53

Allgemeine Zulage = DM 155,84

—————–

DM 3.854,08″

Der Senat hat angenommen, der Arbeitgeber schulde trotz der konkret genannten Zahlungsbeträge
die jeweilige Vergütung der vereinbarten Vergütungsgruppe und -Stufe einschl.
Ortszuschlag und Zulage. Gemeint ist die Vergütungsordnung für das Krankenpflegepersonal
des öffentlichen Dienstes im Bundes-Angestelltentarifvertrag. Die dynamische Verweisung
umfasst zudem die tarifliche Einmalzahlung, die an die Stelle einer prozentualen Erhöhung
der im Arbeitsvertrag genannten Vergütungsbestandteile tritt.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 9. November 2005 – 5 AZR 128/05 –

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 3. März 2005 – 21 Sa
19/04 –