BAG: Betriebsübergang – Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses – Rechtsmissbrauch

Bei einem Betriebsübergang kann ein Arbeitnehmer nach § 613a Abs. 6 BGB dem
Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf einen Betriebserwerber innerhalb eines
Monats nach der Unterrichtung schriftlich widersprechen. Übt der Arbeitnehmer das
Widerspruchsrecht aus, muss er dieses weder begründen, noch bedarf es eines
sachlichen Grundes. Zwar kann grundsätzlich auch die Ausübung des Widerspruchsrechts
im Einzelfall rechtsmissbräuchlich erfolgen. Der widersprechende Arbeitnehmer
verfolgt aber keine unzulässigen Ziele, wenn es ihm nicht ausschließlich darum
geht, den Arbeitgeberwechsel zu verhindern, sondern wenn er mit dem Betriebserwerber
über den Abschluss eines Arbeitsvertrages zu günstigeren Bedingungen verhandelt.
Der Kläger war bei der beklagten Sparkasse als Immobilienfachberater beschäftigt.
Deren Immobilienvermittlungsgeschäft sollte auf eine Vertriebs-GmbH übertragen
werden. Der Kläger widersprach dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf diese
GmbH, erklärte sich aber bereit, als Beschäftigter der Sparkasse bei der GmbH im
Wege der Personalgestellung zu arbeiten. Bei seiner Auffassung, Arbeitnehmer der
Beklagten zu sein, blieb der Kläger auch nach erfolglos verlaufenen Verhandlungen
über den Abschluss eines neuen, besseren Arbeitsvertrages mit der GmbH und
nachdem er schließlich im Betrieb der GmbH seine Arbeit fortsetzte.
Der Antrag des Klägers auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses zwischen den
Parteien war in allen drei Instanzen erfolgreich. Auch der Achte Senat des Bundesarbeitsgerichts
hielt die Ausübung des Widerspruchsrechts durch den Kläger nicht für
rechtsmissbräuchlich und sein Festhalten am Arbeitsverhältnis mit der Beklagten
nicht für treuwidrig. Es steht dem Arbeitnehmer frei, nach dem Widerspruch mit dem
Betriebsveräußerer oder dem Betriebserwerber über ein Arbeitsverhältnis auf neuer
Grundlage zu verhandeln. Auch mit der Arbeit für den Betriebserwerber hat sich der
Kläger nicht widersprüchlich verhalten; zudem hat er stets auf seinem rechtlich zutreffenden
Standpunkt beharrt, infolge seines Widerspruchs Arbeitnehmer der Beklagten
geblieben zu sein.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Februar 2009 – 8 AZR 176/08 –

Vorinstanz: Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 10. Januar 2008 – 8 Sa
181/07 –