Bei dem Übergang eines betriebsmittelgeprägten Betriebes kommt dem Übergang
der Nutzungsmöglichkeit der Betriebsmittel im Rahmen der erforderlichen Gesamtabwägung
wesentliches Gewicht zu. Der Betriebsmittelübernehmer muss die Betriebsmittel
tatsächlich weiter oder wieder nutzen. Der bisherige Betriebsinhaber
muss die Nutzung der Betriebsmittel im Betrieb oder Betriebsteil einstellen. Der Abschluss
eines Kooperationsvertrags zwischen bisherigem Inhaber und späterem Betriebserwerber
stellt nicht notwendig einen solchen Betriebsinhaberwechsel dar.
Die Parteien streiten um Entgeltansprüche aus übergegangenem Recht. Die klagende
Bundesagentur für Arbeit hat Insolvenzgeld an die Arbeitnehmer der früheren Betriebsinhaberin
gezahlt und geht nun gegen die Beklagte als angebliche Betriebserwerberin
vor. Die frühere Betriebsinhaberin und spätere Insolvenzschuldnerin hatte
im März 2007 mit der Beklagten einen Alleinvertriebs- und Kooperationsvertrag vereinbart,
demzufolge die Beklagte den Vertrieb der im fraglichen Betrieb hergestellten
Produkte übernahm. Die frühere Betriebsinhaberin zahlte für die Zeit von März bis
Mai 2007 keine Löhne und Gehälter mehr an ihre Arbeitnehmer aus. Für sie wurde
am 29. Mai 2007 ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Am
31. Mai 2007 wurden die 29 Arbeitnehmer des Betriebes zu fristlosen Kündigungserklärungen
veranlasst. Die Klägerin zahlte dann rückwirkend bis März 2007 Insolvenzgeld.
Im Verlauf des Monats Juni 2007 nahm die Beklagte die Produktion im Betrieb
der Insolvenzschuldnerin wieder auf, wobei sie sukzessive bis Mitte Juni 2007
18 Arbeitnehmer, die früher bei der Insolvenzschuldnerin beschäftigt worden waren,
einstellte.
Wie schon in der Vorinstanz blieb die Klage auch vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts
ohne Erfolg. Da vorliegend keine durchgreifenden Bedenken gegen
die Wirksamkeit der von den Arbeitnehmern des Betriebes selbst ausgesprochenen
Kündigungen bestanden, kam es darauf an, ob schon vor dem 31. Mai 2007
ein Betriebsübergang stattgefunden hatte und somit die gegenüber der bisherigen
Betriebsinhaberin ausgesprochenen Eigenkündigungen ins Leere gingen. Ein Betriebsinhaberwechsel hat jedoch nicht vor Juni 2007 stattgefunden. Der mit der früheren
Betriebsinhaberin und nachmaligen Insolvenzschuldnerin abgeschlossene Kooperationsvertrag
stellte keinen Betriebsinhaberwechsel dar.
Pressemitteilung zum Urteil vom 27. September 2012 – 8 AZR 826/11
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 27. Mai 2011 – 18 Sa 1587/09