BAG: Betriebsbedingte Kündigung eines Leiharbeitnehmers nach Wegfall eines Auftrags

Eine Kündigung ist aus dringenden betrieblichen Erfordernissen iSv. § 1 Abs. 2 KSchG sozial
gerechtfertigt, wenn der Arbeitsanfall und damit der Beschäftigungsbedarf dauerhaft so
zurückgegangen ist, dass zukünftig das Bedürfnis für eine Weiterbeschäftigung eines oder
mehrerer Arbeitnehmer weggefallen ist. Allerdings muss der Arbeitgeber den dauerhaften
Rückgang des Beschäftigungsvolumens im Kündigungsschutzprozess nachvollziehbar darstellen.
Dazu reicht bei einer Arbeitnehmerüberlassung regelmäßig der Hinweis des Verleihers
nicht aus, der bisherige Auftrag, in dessen Rahmen der Leiharbeitnehmer eingesetzt
worden sei, sei beendet und es lägen keine Anschlussaufträge vor. Kurzfristige Auftragslücken
gehören zum typischen Unternehmensrisiko eines Verleiharbeitgebers und sind nicht
geeignet, eine betriebsbedingte Kündigung zu rechtfertigen.
Im Entscheidungsfall hat deshalb der Zweite Senat das der Kündigungsschutzklage stattgebende
Urteil der Vorinstanzen bestätigt, die angenommen hatten, der beklagte Verleiharbeitgeber
habe keine greifbaren Anhaltspunkte für die Annahme eines dauerhaft gesunkenen
Beschäftigungsvolumens dargelegt.

Der Kläger war seit 1998 bei der Beklagten, die Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Organisationsprogrammierer
beschäftigt. Seit 1999 war er ununterbrochen beim Kunden V. eingesetzt
und mit der sog. „Clipper-Programmierung„ betraut. Das Auftragsverhältnis zwischen
der Beklagten und V. endete am 31. Januar 2004. Mit Schreiben vom 20. Januar 2004 kündigte
die Beklagte das Arbeitsverhältnis des Klägers zum 31. März 2004.
Der Kläger hat sich mit seiner Kündigungsschutzklage gegen diese Kündigung gewandt und
geltend gemacht, die Beklagte hätte ihn bei einem anderen Kunden mit einer anderen Tätigkeit
einsetzen können. Er beherrsche auch andere Programmiersprachen. Die Beklagte habe
seit längerer Zeit von dem Auslaufen des Auftrags gewusst und hätte rechtzeitig für eine
anderweitige Unterbringung Vorsorge treffen müssen. Die Beklagte hat zur Begründung
ausgeführt, sie habe den Kläger nach dem Wegfall des V-Auftrags nicht anderweitig einsetzen
können, da die Programmiersprache „Clipper„ veraltet sei und von keinem anderen Kunden
mehr verwendet werde. Für einen anderen Einsatz sei der Kläger nicht qualifiziert.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. Mai 2006 – 2 AZR 412/05 –

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 3. Juni 2005 – 11 Sa 1014/04 –