BAG: Berufliche Rehabilitation – stufenweise Wiedereingliederung

Nach dem geltenden Arbeits- und Sozialrecht ist ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig, wenn er
auf Grund einer Erkrankung nicht seine volle vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung erbringen
kann. Andererseits ist anerkannt, dass ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer trotz Erkrankung
oft in der Lage ist, unter erleichterten Arbeitsbedingungen tätig zu sein und ihm durch
eine allmähliche Steigerung der beruflichen Belastung die Rückkehr in den Beruf erleichtert
wird. Krankenkassen und sonstige Sozialversicherungsträger fördern deshalb ua. im Interesse
des Betroffenen die sog. stufenweise Wiedereingliederung (§ 74 SGB V, § 28 SGB IX). Im
Fall der stufenweisen Wiederaufnahme der Arbeit erhält der arbeitsunfähige Arbeitnehmer
weiterhin die ihm sozialrechtlich zustehenden Leistungen. Arbeitsrechtlich bedarf die Wiedereingliederung
regelmäßig einer gesonderten Vereinbarung des Arbeitnehmers mit dem
Arbeitgeber über die vom Arbeitsvertrag abweichende Art und Weise der Beschäftigung. Im
Schwerbehindertenrecht ist ein solcher Beschäftigungsanspruch bereits gesetzlich begründet
(§ 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX). Die Wiedereingliederung erfolgt auf der Grundlage
ärztlicher Feststellungen. Die hierüber zu erstellende Bescheinigung muss den Wiedereingliederungsplan
einschließlich der Prognose über den Zeitpunkt der zu erwartenden Wiedererlangung
der Arbeitsfähigkeit enthalten.

An einem solchen aussagekräftigen Wiedereingliederungsplan fehlte es in dem vom Neunten
Senat des Bundesarbeitsgerichts entschiedenen Rechtsstreit über die stufenweise Wiedereingliederung
eines Schwerbehinderten, der seit mehr als zwanzig Jahren im Restaurant
der Beklagten als Chef de Rang tätig war und nach längerer Arbeitsunfähigkeit (seit Juli
2002) und einer Anfang 2003 abgebrochenen Wiedereingliederung im Dezember 2003 erneut
seine stufenweise Beschäftigung verlangt hatte. Der Senat hat deshalb die klageabweisende
Entscheidung des Landesarbeitsgerichts bestätigt.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Juni 2006 – 9 AZR 229/05 –

Vorinstanz: LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. März 2005 – 12 Sa 566/04 –