BAG: Berücksichtigung von Verspätungen im Busbetrieb bei der tariflich geregelten teilweisen Anrechnung von Lenkzeitunterbrechungen auf die Arbeitszeit

Der Tarifvertrag zur Regelung der Arbeitsbedingungen bei den Nahverkehrsbetrieben
im Land Berlin (TV-N Berlin) bestimmt in § 9 Abs. 2 Ziff. 2 Unterabs. 3 Satz
1, dass Lenkzeitunterbrechungen bis zur Dauer von 10 Minuten in die Arbeitszeit eingerechnet
werden. Nach den einschlägigen Arbeitsschutzregelungen ist unter einer
Lenkzeitunterbrechung ein Zeitraum zu verstehen, in dem der Fahrzeugführer keine
Fahrtätigkeit verrichtet und auch keine anderen Arbeiten auszuführen hat. Bei verkehrsbedingter
verspäteter Ankunft eines Busses an der Haltestelle, an der die Lenkzeitunterbrechung
eingeplant ist, verschiebt sich deshalb die in die Arbeitszeit eingerechnete
Lenkzeitunterbrechung um die Dauer der Verspätung.
Der Kläger ist Busfahrer bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG). Zwischen dem
21. Januar 2007 und dem 19. April 2007 verlängerten sich die im Dienstplan vorgesehenen
Lenkzeiten aufgrund von Verspätungen im Busbetrieb um insgesamt 223
Minuten. Für diese Zeiten begehrt der Kläger eine Gutschrift auf dem für ihn geführten
Kurzzeitkonto.
Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg. Fahrtätigkeit während einer Verspätung ist
gerade das Gegenteil einer Lenkzeitunterbrechung im arbeitsschutzrechtlichen Sinne.
Mit der Verwendung des feststehenden Begriffs der „Lenkzeitunterbrechung“ haben
die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck gebracht, dass sich die im Dienstplan
vorgesehenen Lenkzeitunterbrechungen bei Verspätungen entsprechend verkürzen.
Die Anrechnung der ersten 10 Minuten auf die Arbeitszeit kann erst mit Beendigung
der tatsächlichen Lenktätigkeit beginnen. Dass mit der Regelung über die teilweise
Anrechnung von Lenkzeitunterbrechungen auf die Arbeitszeit auch Verspätungen im
Busbetrieb pauschalierend aufgefangen werden sollen, hat im TV-N Berlin keinen
Niederschlag gefunden. Solche Verspätungen fallen demnach in die Risikosphäre
der BVG.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. November 2009 – 6 AZR 374/08 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Februar 2008
– 24 Sa 2086/07 –