BAG: Berechnung der betrieblichen Invalidenrente nach vorzeitigem Ausscheiden

Sieht eine Versorgungsordnung einen Anspruch auf betriebliche Invalidenrente vor, besteht
ein solcher Anspruch auch dann, wenn der begünstigte Arbeitnehmer vorzeitig, vor Eintritt
der Invalidität, aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden ist. Voraussetzung ist nur, dass der
Arbeitnehmer im Arbeitsverhältnis eine bestimmte Mindestzeit, die sogenannte Unverfallbarkeitsfrist, zurückgelegt hat. In einem solchen Fall ist die ab Eintritt der Invalidität zustehende Rente nach § 2 BetrAVG wie folgt zu berechnen, es sei denn die Versorgungsordnung sieht eine für den Arbeitnehmer günstigere Regelung vor: Im ersten Schritt ist zu ermitteln, welche Betriebsrente der Arbeitnehmer erhalten hätte, wenn er bis zum Eintritt der Invalidität betriebstreu geblieben wäre. Im zweiten Schritt ist dieser Betrag im Verhältnis der tatsächlich zurückgelegten Beschäftigungszeit zu der bis zur festen Altersgrenze, regelmäßig der
Vollendung des 65. Lebensjahres, möglichen Beschäftigungszeit zu kürzen. Eine solche
Kürzung ist grundsätzlich auch dann zulässig, wenn die Versorgungsordnung eine „aufsteigende
Berechnung„ der vollen Invalidenrente vorsieht, zB einen bestimmten Prozentsatz des
letzten Gehalts pro Beschäftigungsjahr bis zum Versorgungsfall. Der beschriebene Rechenweg
ist so von § 2 Abs. 1 BetrAVG vorgeschrieben. Er steht nicht im Widerspruch zu höherrangigem
Recht, obwohl er zu einer unverhältnismäßigen Kürzung der Vollrente führen kann,
indem unter bestimmten Umständen die fehlende Betriebstreue zwischen dem Versorgungsfall
Invalidität und dem Erreichen der festen Altersgrenze zweifach mindernd berücksichtigt
wird.

Der Dritte Senat hat die Anwendbarkeit dieser Regeln im vorliegenden Rechtsstreit noch
einmal bestätigt. Der Arbeitnehmer war bei einer Anstalt des öffentlichen Rechts tätig gewesen
und hatte dort eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft nach Maßgabe der Versorgungsregelungen
der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) erworben. Er
war danach vorzeitig ausgeschieden und hatte später gesetzliche Erwerbsunfähigkeitsrente
bezogen. Zunächst erhielt er seitens der VBL eine zusätzliche Versicherungsrente iHv.
289,57 €. Nachdem die dieser Berechnung ua zu Grunde liegende Bestimmung des § 18
BetrAVG vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig qualifiziert und durch den
Gesetzgeber zusammen mit einer Übergangsregelung in § 30d BetrAVG neu geschaffen
worden war, erhielt der Kläger von seiner früheren Arbeitgeberin eine ergänzende Zahlung
von monatlich 35,92 €. Der Kläger meinte zuletzt, ua gestützt auf eine von dem oben Genannten
abweichende Berechnungsmethode, ihm stehe ein Zusatzbetrag in Höhe von
433,34 € monatlich zu.

Das Bundesarbeitsgericht gab der entsprechenden Klage ebenso wenig wie die Vorinstanzen
statt. Bei Anwendung der allgemeinen Berechnungsregeln, die auch außerhalb des öffentlichen
Dienstes gelten, und unter Zugrundelegung der Zahlen, von denen der Kläger übereinstimmend
mit der Beklagten ausgegangen ist, stand dem Kläger unabhängig von
§ 30d BetrAVG oder § 18 BetrAVG nF nicht mehr als der von der Beklagten gezahlte Zusatzbetrag
zu. Der Senat hatte daher keinen Anlass, zu der vom Kläger und in Teilen der
Literatur mit beachtlichen Argumenten erwogenen möglichen Verfassungswidrigkeit auch der
Neuregelung des § 18 und des § 30d BetrAVG Stellung zu nehmen.

BAG, Urteil vom 15. Februar 2005 – 3 AZR 298/04 –

Vorinstanz: LAG Berlin, Urteil vom 28. Mai 2004 – 6 Sa 2641/03 –