BAG: Außerordentliche Kündigung eines langjährig befristeten Arbeitsvertrages wegen schlechter Haushaltslage einer Stadtgemeinde, die durch Erbschaft Arbeitgeberin geworden ist

Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin rechtlich als Arbeitnehmerin anzusehen ist.
Außerdem macht die Klägerin die Unwirksamkeit zweier von der Beklagten erklärter Kündigungen
sowie Gehaltsansprüche geltend. Die Klägerin ist Ärztin mit dem Spezialgebiet Chinesische
Medizin. Zu ihren Patienten zählte der betagte Unternehmer K. Dieser überließ ihr
ein Haus, in dem sie ein Therapiezentrum für Naturheilkunde, Schmerztherapie und fernöstliche
Medizin einrichten sollte. Im Jahre 1999 schlossen die Klägerin und der damals 89-
jährige Herr K., die zwischenzeitlich gerichtliche Auseinandersetzungen geführt hatten, einen
bis zum 15. März 2008 befristeten „Arbeitsvertrag„. Danach sollte die Klägerin gegen eine
monatliche Vergütung von 6.900,00 DM bei einer Wochenarbeitszeit von 25 Stunden als
„Manager und Hausverwalter„ tätig sein und die Leitung und Führung des – nach K. benannten
– „K.-Hauses„ ärztlich beraten. Der Vertrag sollte nicht durch Tod der Vertragsparteien
enden. Nachdem zunächst Herr K. und dann seine Ehefrau, die den Arbeitsvertrag mit der
Klägerin durch gerichtlichen Vergleich bestätigte, verstorben waren, erbte die als Alleinerbin
eingesetzte beklagte Stadt N. das Vermögen K’s. Sie kündigte im September 2001 das Arbeitsverhältnis
mit der Klägerin außerordentlich und ordentlich. Sie ist der Ansicht, bei dem
1999 zwischen Herrn K. und der Klägerin geschlossenen Vertrag habe es sich nicht um einen
Arbeitsvertrag, sondern um ein Scheingeschäft gehandelt. Jedenfalls habe sie ua. wegen
dramatisch schlechter Haushaltslage außerordentlich kündigen können. Die Vorinstanzen
haben der Klage stattgegeben.

Die Revision der Beklagten vor dem Bundesarbeitsgericht blieb erfolglos. Die Klägerin ist
Arbeitnehmerin. Ein Dienstverhältnis, das von den vertragschließenden Parteien als Arbeitsvertrag
bezeichnet wird und auch vertraglich dementsprechend ausgestaltet ist, ist in der
Regel auch rechtlich als Arbeitsverhältnis anzusehen. Dass Herr K. und die Klägerin in
Wahrheit etwas anderes als ein Arbeitsverhältnis gewollt oder praktiziert hätten, ist nach den
Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen nicht anzunehmen. Unstreitig hat die Klägerin sich
um den Ausbau des „K.-Hauses„ gekümmert und ua. einen „Zen-Garten„ angelegt und damit
Leistungen erbracht. Die arbeitsvertraglichen Verpflichtungen sind als Teil des Erbes auf die
beklagte Stadt übergegangen. Da ein befristeter Arbeitsvertrag mangels anderer Vereinbarung nicht ordentlich gekündigt werden kann, konnte die Beklagte das Arbeitsverhältnis nur
außerordentlich kündigen. Hierzu hätte es jedoch eines wichtigen Grundes bedurft, der nicht
vorlag. Weder die „dramatisch verschlechterte„ Haushaltslage noch der Umstand, dass die
Beklagte die seinerzeit zwischen Herrn K. und der Klägerin getroffenen Vereinbarungen als
unrealistisch und die Klägerin begünstigend einschätzt, rechtfertigen die außerordentliche
Kündigung. Die Beklagte hatte die Möglichkeit, das Erbe auszuschlagen oder ihre Haftung
auf den Wert der Erbschaft zu beschränken. Sie war also nicht gezwungen, die von ihr als
unzweckmäßig angesehene vertragliche Verpflichtung und etwa daraus resultierende wirtschaftliche
Nachteile zu übernehmen.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. April 2005 – 2 AZR 125/04 –
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Nürnberg, Urteil vom 12. Januar 2004 – 9 (2) Sa 653/02 –