BAG: Ansprüche aus einem Altersteilzeitverhältnis in der Insolvenz

Die Kläger und die spätere Insolvenzschuldnerin hatten Altersteilzeitverträge nach dem sogenannten
Blockmodell geschlossen. Das Arbeitsentgelt einschließlich der Aufstockungsbeträge
sollte während der Arbeitsphase und der anschließenden Freistellungsphase gleich
bleibend gezahlt werden. Am 1. September 2002 wurde über das Vermögen der Schuldnerin
das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Beklagte wurde zunächst zum Sachwalter, später zum
Insolvenzverwalter bestellt. Als vorläufiger Insolvenzverwalter hatte er schon vor Insolvenzeröffnung
ein Gutachten erstellt und darin Masseunzulänglichkeit angezeigt. Eine Kündigung
der Altersteilzeitverhältnisse durch die Insolvenzschuldnerin und den Beklagten erfolgte
nicht.

Die Kläger nehmen den Beklagten auf Zahlung der Gehälter für die Zeit vom September
2002 bis Januar 2003 in Anspruch. Hilfsweise begehren sie die Feststellung ihrer Forderungen
als Masseverbindlichkeiten.

Das Landesarbeitsgericht hat in allen Fällen entsprechend den Hilfsanträgen Masseverbindlichkeiten
festgestellt.

Im Anschluss an die Urteile des Neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 19. Oktober
2004 – 9 AZR 645 und 647/03 – (Pressemitteilung Nr. 76/04) hat der Zehnte Senat entschieden,
die in der Arbeitsphase für die Zeit vor der Insolvenzeröffnung erarbeiteten Ansprüche
seien Insolvenzforderungen, die für die Zeit danach erarbeiteten Ansprüche seien Masseverbindlichkeiten.
Dementsprechend wurden die Klagen von zwei Arbeitnehmern, die sich in
der Zeit von September 2002 bis Januar 2003 bereits in der Freistellungsphase der Altersteilzeit
befanden, abgewiesen (10 AZR 600 und 601/03).

In den beiden Fällen, in denen sich die Arbeitnehmer noch in der Arbeitsphase befanden,
wurde für die Zeit September bis Dezember 2002 die Feststellung von Masseverbindlichkeiten
bestätigt (10 AZR 602 und 603/03). Der Zehnte Senat hat insoweit in Übereinstimmung
mit dem Berufungsgericht erkannt, die Leistungsklagen seien wegen § 210 InsO unzulässig,
weil von einer wirksamen Anzeige der Masseunzulänglichkeit auszugehen sei. Zwar kann
die Anzeige gem. § 208 InsO grundsätzlich erst nach Insolvenzeröffnung durch den Insolvenzverwalter bzw. Sachwalter erfolgen. Hat jedoch der vorläufige Insolvenzverwalter bereits
in dem von ihm erstatteten Gutachten die Anzeige vorgenommen und wird dieser dann auch
zum Sachwalter bzw. Insolvenzverwalter bestellt, so ist ausnahmsweise eine nochmalige
Anzeige entbehrlich.

Für Januar 2004 hat der Zehnte Senat, anders als das Landesarbeitsgericht, den Leistungsklagen
stattgegeben. Insoweit liegen Neumasseverbindlichkeiten iSv. § 209 Abs.1 Nr. 2,
Abs. 2 Nr. 2 InsO vor, weil die Altersteilzeitverhältnisse zum 31. Dezember 2002 hätten gekündigt
werden können. Dass die Kläger von der Arbeitsleistung freigestellt waren, ändert
daran nichts.

Zinsen hat der Zehnte Senat den beiden Klägern nur in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz zugesprochen (§ 288 Abs. 1 BGB), weil der höhere Zinssatz von
8 Prozentpunkten nach § 288 Abs. 2 BGB nur bei Geschäftsvorgängen zwischen Unternehmen
oder zwischen Unternehmen und öffentlichen Stellen in Ansatz zu bringen ist.

BAG Urteile vom 23. Februar 2005 – 10 AZR 600 bis 603/03 –

Vorinstanz: LAG Düsseldorf, Urteile vom 17. September 2003 – 4 (6) Sa 685/03, 4 (8) Sa
686/03, 4 Sa 683/03, 4 (5) Sa 684/03