BAG: Anspruch auf Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung

Der Arbeitgeber hat nach § 5 Abs. 1 ArbSchG durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten
mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen
des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Nach § 618 Abs. 1 Satz 1 BGB hat der
Dienstberechtigte Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften so einzurichten und zu
unterhalten und Dienstleistungen so zu regeln, dass der Dienstverpflichtete gegen
Gefahr für Leben und Gesundheit so weit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung
es gestattet.
Der Kläger reinigt den Fußboden in der Gießerei der Beklagten von Sand und entsorgt
ihn. Zu seiner persönlichen Schutzausrüstung gehören ein Schutzhelm, eine
Staubmaske, Ohrenschützer und Sicherheitsschuhe. Der Arbeitsplatz des Klägers
wurde 2004 von einem Sicherheitsingenieur besichtigt und bewertet.
Der Kläger verlangt die Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung nach bestimmten
Kriterien und Methoden, hilfsweise die Ausübung des Initiativrechts der Beklagten
gegenüber dem Betriebsrat. Die Vorinstanzen haben Haupt- und Hilfsantrag abgewiesen.
Die Revision des Klägers hatte vor dem Neunten Senat keinen Erfolg. Arbeitnehmer
haben nach § 5 Abs. 1 ArbSchG iVm. § 618 Abs. 1 Satz 1 BGB einen
bürgerlich-rechtlichen Anspruch darauf, dass ihr Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung
durchführt. Sie können jedoch keine bestimmten Überprüfungskriterien und –
methoden für die Durchführung vorgeben. § 5 Abs. 1 ArbSchG eröffnet für den Arbeitgeber
weite Beurteilungs- und Handlungsspielräume. Mit den engen Vorgaben
des Klägers muss die Beklagte auch nicht gegenüber dem Betriebsrat initiativ werden,
um eine mitbestimmte Durchführungsregelung der Gefährdungsbeurteilung herbeizuführen
(§ 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG).

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12. August 2008 – 9 AZR 1117/06 –

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 23. November 2006
– 6 Sa 339/05 –